Am Wohnungseigentümergesetz führt kein Weg vorbei! – Auch nicht in einer 2er WEG!

 

1. Tilgt ein Wohnungseigentümer Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft, kann er grundsätzlich nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Einen Erstattungsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer hat der tilgende Wohnungseigentümer aber nicht.

 

2. Einen Innenausgleich zwischen den Eigentümern lässt sich auch nicht aus dem auf den eigenen Miteigentumsanteil begrenzte Haftungsanspruch gegenüber Außenstehenden (§ 9a IV WEG) herleiten.

 

3. Auch in einer (zerstrittenen) Zweiergemeinschaft, in der ein Verwalter nicht bestellt ist und in der wegen des Kopfstimmrechts keine Mehrheitsbeschlüsse möglich sind, kann der Eigentümer, der Verbindlichkeiten des Verbandes getilgt hat, von dem anderen Eigentümer nicht unmittelbar (anteilige) Erstattung seiner Aufwendungen verlangen.

 

4. Nach der Systematik des Wohnungseigentumsgesetzes muss der Wohnungseigentümer bei Unterfinanzierung eine entsprechende Beschlussfassung des Verbandes herbeiführen, um diesen mit entsprechenden Vermögensmitteln auszustatten. Kommt ein solcher Beschluss nicht zustande, hat der Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 8 WEG die Möglichkeit einer Beschlussersetzungsklage

 

BGH, Beschl. v. 25.09.2019, Az.: V ZR 288/19

Problem

 

Die Einhaltung wohnungseigentumsrechtlicher Vorschriften ist kompliziert. Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums funktioniert in wesentlichen Bereichen nur, wenn die Wohnungseigentümer hierbei zusammenwirken. Die hierfür erforderliche Willensbildung erfolgt nach dem Wohnungseigentumsgesetz durch Beschluss. Hierzu müssen die Eigentümer regelmäßige Eigentümerversammlungen abhalten und die entsprechenden Beschlüsse fassen. Die Finanzverwaltung der Gemeinschaft erfolgt wiederum über die Aufstellung von Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnung. Auch über diese müssen Beschlüsse gefasst werden. Verträge mit Dritten werden mit der Gemeinschaft geschlossen und nicht mit den Eigentümern.

Gerade kleine 2er WEG’S verzichten daher häufig auf die komplexen Vorschriften des WEG und nutzen des sog. „kurzen Dienstweg“. Solang beide Eigentümer sich verstehen und miteinander absprechen, kann die Verwaltung des „gemeinschaftlichen“ Eigentums auch ohne Einhaltung „offizieller“ Wege funktionieren. Spätestens wenn Konflikte auftreten, lassen sich die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes aber nicht mehr ignorieren.

 

Typische Verwaltung von 2er WEG’S: Ein Eigentümer zahlt die gemeinsamen Strom-, Wasser- oder Gaskosten aus eigener Tasche und verlangt später Ersatz seiner Aufwendungen. Ein Eigentümer beauftragt Handwerker, zahlt die Rechnungen und verlangt ebenfalls Ersatz seiner Auslagen vom Anderen. Es gibt keine Eigentümerversammlungen. Beschlüsse werden nicht „offiziell“ gefasst oder protokolliert. Es wird kein Wirtschaftsplan aufgestellt. Die laufenden Kosten werden ad hoc von einem Eigentümer gezahlt. Ein Gemeinschaftskonto gibt es nicht. Eine Jahresabrechnung über die Einnahmen und Ausgaben wird auch nicht beschossen.

Im Konfliktfall funktioniert dann plötzlich der „kurze Dienstweg“ nicht mehr. Kosten werden nicht mehr freiwillig anteilsmäßig erstattet. Es besteht kein Einverständnis mehr über bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum. Im schlimmsten Fall wird sogar der kostspielige Rückbau gefordert. Wenn der Konflikt eskaliert, soll dann die andere Partei direkt gerichtlich Anspruch genommen, was aus Sicht einer 2er WEG auf den ersten Blick Sinn zu machen scheint.

Diesen Weg hat der Bundesgerichtshof aber nun abgeschnitten und pocht auf die Einhaltung der WEG-Regeln.

Sachverhalt

 

In dem zu entscheidenden Fall besteht die Wohnungseigentümergemeinschaft aus 2 Eigentümern. Die WEG ist zerstritten. Es gibt keinen Verwalter und die Gemeinschaft verfügt auch über kein Gemeinschaftskonto. Ein Wohnungseigentümer tilgte die laufenden Kosten der Versorgungsunternehmer (Wasser, Strom, Gas etc.) und damit Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Da der andere Eigentümer die Kosten nicht in Höhe seines Miteigentumsanteils erstattet, wurde er direkt auf Zahlung in Höhe seiner Miteigentumsanteile verklagt.

 

Entscheidung

 

Ohne Erfolg!

Der vorleistende Eigentümer hatte Verbindlichkeiten des rechtsfähigen Verbandes getilgt und nicht Verbindlichkeiten des andere Eigentümers. Der Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen richtet sich daher gegen die Gemeinschaft und nicht gegen die anderen Eigentümer. Der eingeschlagene Weg war daher falsch. Auch prozessökonomische Gesichtspunkte ändern hieran nichts. Auch in der Zweiergemeinschaft unterliegt die Ausübung der Eigentümerbefugnisse den üblichen Verwaltungsregeln. Notfalls sind mehrere Prozesse zu führen.

 

Tritt ein Eigentümer in Vorleistung für gemeinschaftliche Verpflichtungen, muss er zunächst auf eine Beschlussfassung zur Erstattung seiner Kosten durch die Gemeinschaft hinwirken. Wird der begehrte Beschluss durch den weiteren Eigentümer verhindert, muss eine Beschlussanfechtungsklage verbunden mit einer Beschlussersetzungsklage erhoben werden. Nur wenn angesichts der Mehrheitsverhältnisse von vornherein eine Beschlussfassung ausgeschlossen ist, kann die Vorbefassung der Eigentümerversammlung entbehrlich sein und direkt Klage auf gerichtliche Beschlussfassung erhoben werden.

 

Praxishinweis

 

Für 2er WEG‘S ist die Einhaltung WEG-rechtlicher Vorschriften teilweise schwer vermittelbar. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs verpflichtet aber auch 2er WEG nun zur Einhaltung dieser Vorschriften. Es kann sich rächen, wenn die Vorschriften zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums unbeachtet gelassen werden. Im vorliegenden Fall wurden selbst Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen nicht beschlossen. Dabei entsteht erst durch den beschlossenen Wirtschaftsplan ein Anspruch der Gemeinschaft auf Zahlung der Hausgelder.

 

Tritt ein Wohnungseigentümer in Vorleistung für die Tilgung gemeinschaftlicher Schulden, muss er sich zuerst durch einen Beschluss und notfalls einer langwierigen Klage, einen Anspruch auf Erstattung seiner Auslagen besorgen. Gleichzeitig sollte auch noch eine Sonderumlage beschlossen werden, denn diese ist ja letztendlich erforderlich, damit Geld zur WEG und von dort zu dem vorleistenden Eigentümer fließen kann. Und selbst nach diesem steinigen Weg kann es noch erforderlich sein, den Zahlungsanspruch durch eine weitere Klage in einen vollstreckungsfähigen Zahlungstitel zu wandeln. Das Dicke Ende kommt somit am Schluss.

Auch in 2er WEG’s macht es Sinn, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten und Beschlüsse auf regelmäßigen Eigentümerversammlungen zu fassen und zu protokollieren. Auf Dauer wird zudem die Routine zu einer gleichfalls schnellen Entscheidungsfindung der WEG führen.

 

Die aufwendige Einhaltung der Regeln des Wohnungseigentumsgesetzes lässt sich durch die Bestellung eines Verwalters reduzieren. Hierauf haben die Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch, da die Bestellung eines Verwalters ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Dies gilt auch bei Zweiergemeinschaften. Dem Verwalter obliegt es unter anderem, durch die Aufstellung eines Wirtschaftsplans für die nötige Finanzausstattung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu sorgen und am Ende des Jahres über die getätigten Ein- und Ausnahmen unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften abzurechnen.