Das Dogma der 3 Vergleichsangebote in der WEG

 

Sollen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft Sanierungsmaßnahmen oder gar Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden, stoßen die Eigentümer regelmäßig auf den Einwand, dass mindestens drei Vergleichsangebote der Beschlussfassung zu Grunde gelegt werden müssen. Lagen der Beschlussfassung weniger Angebote vor, droht die Anfechtung des Beschlusses mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit vor Gericht. Die Frist für die Erhebung der Beschlussanfechtungsklage beträgt 1 Monat. Nur wenn diese Frist überschritten wird, kann der Beschluss in Bestandskraft erwachsen und die Eigentümer erhielte Rechtssicherheit.

 

Woher stammt das Dogma der Alternativangebote?

 

Im Jahr 2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass bei der Neubestellung eines Verwalters Vergleichsangebote vor der Beschlussfassung eingeholt und den Eigentümer vorgelegt werden müsste. Geschieht dies nicht, entspricht der Beschluss mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr „ordnungsgemäßen Verwaltung“ und ist anfechtbar. Der Bundesgerichtshof traf keine Aussage über die Anzahl der einzuholenden Alternativangebote. Es wurde auch nicht entschieden, ob auch bei Sanierungsmaßnahmen stets drei Alternativangebote einzuholen sind.

Allein die unteren Instanzen (Landgerichte und Amtsgerichte) leiteten hieraus das Dogma ab, dass stets drei Vergleichsangebote vor der Beschlussfassung eingeholt und den Eigentümern vorgelegt werden müssen:

 

Beispiele aus der Rechtsprechung:

 

Landgericht Frankfurt, Urteil vom 17. Mai 2018 – 2-13 S 168/15:

Ein Beschluss über eine Sanierungsmaßnahme setzt voraus, dass zuvor zumindest drei Alternativangebote eingeholt werden (ständige Rechtsprechung der Kammer, etwa LG Frankfurt a. M. Beschl. v. 19.4.2017 – 2/13 S 2/17). Nur dann können die Eigentümer den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum auf einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage ausüben.

LG Itzehoe, Urteil vom 16. Juni 2017 – 11 S 61/16:

Vor allem hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen zur Durchführung von Instandsetzungsarbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum gilt der Grundsatz, dass der Verwalter mehrere Alternativ- und Konkurrenzangebote einholen und den Wohnungseigentümern vor der Beschlussfassung vorlegen muss. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die technisch besten Lösungen gewählt werden und gleichzeitig auf die Wirtschaftlichkeit geachtet wird. Diese Grundsätze sind jedoch übertragbar auf den Abschluss anderer Verträge durch die Gemeinschaft, insbesondere für die Eingehung von Dauerschuldverhältnissen.

LG Karlsruhe, Beschluss vom 08. August 2013 – 11 T 355/12:

Ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Vergabe von (größeren) Aufträgen zur Durchführung von Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten verstößt regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn nicht zuvor mehrere (mindestens drei) Vergleichsangebote eingeholt worden sind (Urteil der Kammer vom 27. September 2011 – 11 S 219/09 – ZWE 2012, 103 LS 2 u. Rn. 34 mwN). Durch die Einholung von Konkurrenz- und Alternativangeboten soll gewährleistet werden, dass einerseits technische Lösungen gewählt werden, die eine dauerhafte Beseitigung von Mängeln und Schäden versprechen, dass aber andererseits auf Wirtschaftlichkeit geachtet wird und keine überteuerten Aufträge erteilt werden

 

Gibt es Ausnahmen?

Einschränkungen bestehen lediglich bei kleineren Maßnahmen. Kosten die Sanierung oder die Modernisierung weniger als 3.000,00 EUR, soll auf die Einholung von drei Alternativangeboten verzichtet werden können. Aber auch diese Wertgrenze war bisher stets eine Einzelentscheidung verschiedener Gerichte. Nach dem Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2-13 S 26/17) soll die Einholung von Vergleichsangeboten nicht erforderlich sein, wenn das Auftragsvolumen 5 Prozent des Wirtschaftsplans nicht überschreitet.

 

Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2-13 S 26/17):

Alternativangebote für eine Auftragsvergabe müssen ausnahmsweise dann nicht eingeholt werden, wenn das Auftragsvolumen gering ist oder sich aus anderen Umständen Anhaltspunkte für die Wohnungseigentümer ergeben, dass das vorgelegte Angebot sich im Rahmen des Üblichen bewegt.

 

Für die Praxis

Amtsgerichte und Landgericht vertreten überwiegend die Auffassung, dass nur die Vorlage von drei Vergleichsangeboten einer „ordnungsgemäßen Verwaltung“ entspricht. Beschlüsse können daher nur rechtmäßig sein, wenn drei Vergleichsangebote vorgelegen haben. Praktisch kann sich dies als Schwierigkeit erweisen:

  • Handwerker werden oft nicht bereit sein, kostenlose Angebote vorzulegen.
  • Möglicherweise stehen keine drei Vergleichsangebote zur Verfügung.
  • Die WEG könnte sich zudem auch entscheiden, die Baumaßnahme durch einen Sachverständigen planen zu lassen, in dem auch die üblichen Kosten berechnet werden. Die Einholung von drei Vergleichsangeboten wäre hierdurch möglicherweise nicht mehr erforderlich.

In einer Vielzahl von Fällen wird die Einholung von drei Vergleichsangeboten nicht möglich oder aber auch nicht sachgemäß sein. Man wird sich in diesen Fällen jedoch darauf einstellen müssen, das zuständige Gericht von seiner Rechtsansicht abbringen zu müssen. Gute Argumente hierfür sind jedenfalls vorhanden.