Die Macht der gewerblichen Lebensmittelunternehmen als Mieter…

Im Mietrecht, insbesondere im Wohnraummietrecht, wird allgemein davon ausgegangen, dass der Mieter bei Vertragsverhandlungen meist eine schwächere Position inne hat und kaum in der Lage ist, den Inhalt eines Mietvertrages wesentlich zu beeinflussen.

Ausgewogener erscheinen jedoch die Verhandlungspositionen im gewerblichen Mietrecht wo der Leerstand groß ist oder der Mieter wegen der Art seines Geschäfts von herausragender Bedeutung für den Vermieter ist. Diese sog. Ankermieter belegen meist einen großen Teil der zur Verfügung stehenden Mietfläche und sind Hauptverursacher von großen Kundenströmen in das Mietobjekt. Ankermieter nehmen in der Mieterstruktur also eine herausragende Rolle ein, um viele Kunden in das Objekt zu locken. Viele größere Lebensmittelgeschäfte sind solche Ankermieter und für viele Vermieter unverzichtbar, um das gesamte Mietobjekt aufzuwerten.

Dies hat zur Folge, dass Ankermieter sich ihre Vermieter größtenteils aussuchen können und somit eine sehr starke Verhandlungsposition gegenüber dem Vermieter einnehmen. Viele vertraglichen Regelungen im Mietvertrag können vom Ankermieter vorgegeben werden. So auch in einem Fall, den der EuGH (Az.: C 345/14) im Rahmen einer Vorlagefrage zu entscheiden hatte.

Ein großes lettisches Unternehmen im Bereich des Einzelhandels mit Schwerpunkt Lebensmittel, das Supermärkte betreibt, schloss mit Einkaufszentren in Lettland eine Reihe von Geschäftsraummietverträgen über die Vermietung von Gewerbeflächen in diesen Einkaufszentren. Ein Teil dieser Verträge enthielten eine Klausel, die dem Mieter in seiner Eigenschaft als „Referenzmieter“ das Recht auf Einwilligung in die Vermietung der nicht von ihr angemieteten Gewerbeflächen durch den Vermieter an Dritte einräumten. Der Mieter konnte also die Vermietung anderer Mieträume verhindern.

Die zuständige Behörde vertrat die Auffassung, dass hiermit gegen Wettbewerbsrecht verstoßen werde und verhängte daher gegen den Mieter eine Geldstrafe von ca. 35.770,00 Euro.

Der EuGH stellte zunächst fest, dass durch die vertragliche Regelung jedenfalls für sich genommen, nicht eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV bezweckt. Die Klausel solle den Mieter nicht ausdrücklich vor Konkurrenz schützen. Allerdings könne die Regelung eine Wettbewerbsbeschränkung bewirken. Hierzu sei aber noch eine vertiefte Prüfung des wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhangs, in dem die Regelung stehe, erforderlich, zudem müsse geprüft werden, ob sich die Regelung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des betreffenden relevanten Marktes als erheblicher Beitrag zu einer möglichen Abschottung dieses Marktes erweist. Der Rechtsstreit wurde zur Klärung an das nationale Gericht zurück verwiesen.

Auch das deutsche Recht kennt mit § 1 GWB ein Verbot von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung, die bei Verstoß hiergegen zur Nichtigkeit nach § 134 BGB führen können. Der Rechtsstreit ist daher auf jeden Fall auch für Deutschland relevant.