Die Angst geht um! Viele Mieter und Vermieter fürchten extrem stark steigende Kosten wegen angestiegener Gas- und Stromkosten. Aus der Sicht der Vermieter werden die Preisanstiege beim Strom hierbei in der Regel kaum eine Rolle spielen. Denn überwiegend beziehen Mieter ihren Strom direkt vom Anbieter und nicht über den Vermieter. Der Vermieter hat also in der Regel mit dem Strom in der Wohnung nichts zu tun.
Hauptaugenmerk aus Sicht der Vermieter werden die Kosten für den Bezug für Gas oder Öl sein. Also jenen Brennstoff, mit dem die Wohnungen beheizt werden. Der Vermieter wird sich angesichts gestiegener Kosten die Frage stellen, ob er nun bis zur nächsten Jahresabrechnung die hohen Kosten selbst „vorschießen“ muss oder ob er schon jetzt die Vorauszahlungen vorsorglich erhöhen kann.
Zudem werden Befürchtungen aufkommen, ob die Jahresabrechnung später überhaupt noch ausgeglichen werden kann, wenn diese extrem hohe Nachzahlungen aufweisen wird.
Einmal im Jahr kommt die große Abrechnung. Vermieter rechnen über die Betriebs- und Heizkosten ab und verrechnen die auf den Mieter anfallenden Kosten mit den monatlich geleisteten Vorauszahlungen. Abhängig vom Verbrauch des Mieters und der von ihm geleisteten Vorauszahlungen im vorangegangenen Jahr kam es entweder zu einer Nachzahlung oder sogar zu einem Guthaben.
Im Rahmen der Abrechnung wurden dann die zukünftigen Vorauszahlungen durch einfache Erklärung angepasst. Hierbei wird der Nachzahlungsbetrag regelmäßig durch 12 Monate geteilt und dieser Anteil auf die bisherige Vorauszahlung hinzugerechnet:
Beispiel Nachzahlung: Der Mieter erhält im Oktober 2022 seine Betriebskosten- und Heizkostenabrechnung über das vorangegangenen Jahr (2021). Bisher hatte der Mieter zusätzlich zur Miete eine monatliche Vorauszahlung auf die Betriebskosten von 100 € gezahlt. Es kam nun zu einer Nachzahlung in Höhe von 120,00 €. Teilt man diesen Betrag durch 12, ergibt sich ein Betrag von 10 € (120 € : 12 = 10 €). Um diesen Betrag wird die künftige Vorauszahlung nun erhöht. Der Mieter zahlt künftig monatlich 110 € statt 100 €.
Beispiel Guthaben: Der Mieter erhält im Oktober 2022 seine Betriebskosten- und Heizkostenabrechnung über das vorangegangenen Jahr (2021). Bisher hatte der Mieter zusätzlich zur Miete eine monatliche Vorauszahlung auf die Betriebskosten von 100 € gezahlt. Es kam nun zu einer Guthaben in Höhe von 120,00 €. Teilt man diesen Betrag durch 12, ergibt sich ein Betrag von 10 € (120 € : 12 = 10 €). Um diesen Betrag wird die künftige Vorauszahlung nun verringert. Der Mieter zahlt künftig monatlich 90 € statt 100 €.
In der Praxis dürften die Anpassung hauptsächlich durch die Vermieter erfolgt sein und nur selten auf Veranlassung der Mieter. Es haben aber beide das Recht, eine Anpassung zu verlangen oder einer Anpassung zu widersprechen.
Der Anspruch auf Änderung der Betriebskostenvorauszahlungen ergibt sich aus § 560 BGB:
(4) Sind Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart worden, so kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen.
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__560.html
Zunächst darf jede Partei eine Anpassung der Vorauszahlungen auf eine angemessene Höhe vornehmen. Hierbei soll die Vorauszahlung so hoch gewählt werden, dass es am Ende des Jahres weder zu einer Nachzahlung noch zu einem Guthaben kommt. Denn weder soll der Mieter dem Vermieter ein faktisch kostenloses Darlehen gewährten. Noch soll der Vermieter dem Mieter einen kostenfreien Kredit einräumen.
Die Vorschrift enthält jedoch drei wichtige Worte: „nach einer Abrechnung„.
Die Anpassung kann also nur nach einer Jahresabrechnung erfolgen. Dazwischen hat also keine Seite einen Anspruch auf Anpassung der Vorauszahlungen.
Solange Vermieter keine Jahresabrechnung erteilt haben, ist eine Anpassung der Vorauszahlungen nicht möglich. Auch die erheblich gestiegenen Energiepreise rechtfertigen Vermieter daher nicht zu einer Erhöhung der Vorauszahlungen. Jedenfalls solange, wie noch nicht abgerechnet wurde.
Viele Schreiben von Vermietern, welche zurzeit zum Zwecke der Erhöhung der Vorauszahlungen verschickt werden, haben also keine rechtliche Bindungswirkung. Diese Schreiben stellen vielmehr eine „Bitte“ dar, auf die der Mieter eingehen kann oder auch nicht. Wenn der Mieter auf ein solches Schreiben seine Vorauszahlung anpasst, wird er in der Regel hierdurch gebunden. Denn die Zahlung dürfte eine Annahme der vom Vermieter angebotenen Erhöhung der Vorauszahlungen sein. Mieter gelangen aber nicht in Zahlungsverzug, wenn sie die erhöhte Vorauszahlung nicht leisten (jedenfalls dann, wenn die Anpassung nicht im Zusammenhang mit einer Abrechnung erfolgt).
Jeder muss selbst entscheiden, ob er seine bisherigen Vorauszahlungen beibehalten will oder diese freiwillig erhöht. Werden die Vorauszahlungen beibehalten und wird der Verbrauch bei massiv steigenden Energiekosten nicht gesenkt, drohen mit der nächsten Jahresabrechnung hohe Nachzahlungen. Wenn diese dann nicht beglichen werden könnten, droht im schlimmsten Fall die Kündigung des Mietvertrages.
Daher bietet es sich auf jeden Fall an, eine eigene Rücklage für die Zeit der Jahresabrechnung zu bilden, um die drohende Nachforderung zeitnah begleichen zu können.
Was passiert, wenn der Mieter die Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung nicht zahlt? Kann das Mietverhältnis dann gekündigt werden?
Ob ein Kündigungsgrund in der Nichtzahlung der Betriebskostennachzahlung liegt, ist unter den Gerichten strittig. Auch ab welcher Höhe ein Kündigungsgrund vorliegt, ist nicht abschließend geklärt.
Das Landgericht Berlin (Urteil vom 24. November 2015 – 63 S 158/15) hatte entschieden, dass eine Nachzahlung in Höhe von 2 Monatsmieten zur Kündigung rechtfertigt, wenn nicht gezahlt wird. Ob aber bereits ein geringerer Betrag ausreicht und ob sogar schon eine fristlose Kündigung, ist nicht abschließend geklärt. Es dürfte aber einiges dafür sprechen, dass eine ordentliche Kündigung möglich ist, wenn der Rückstand nicht unerheblich ist (was auch immer dies heißt). Denn die Zahlung der Nachforderung ist eine vertragliche Pflicht aus dem Mietvertrag. Die Nichtzahlung ist daher eine Vertragspflichtverletzung und kann ein berechtigtes Interesse für eine Kündigung nach § 573 BGB darstellen.
Mieter sollten daher die Nachforderung nicht grundlos nicht zahlen, da hier andernfalls eine Kündigung des gesamten Mietvertrages drohen könnte.