Fortbildung

Fortbildung: Neues WEG-Recht

Im Dezember 2020 hat der Gesetzgeber das Wohnungseigentümergesetz vollständig umgekrempelt. Viele Bausteine wurden geändert, verschoben, entfernt oder sogar neu aufgenommen. Allerdings bleibt auch einiges beim Alten. Das Wohnungseigentumsrecht war bereits in der Vergangenheit äußert kompliziert und es erforderte viel Kenntnis und Praxiserfahrung. Durch die Änderungen hat sich hieran nichts geändert. Ohne Kenntnisse der Rechtsprechung der Vergangenheit kann auch künftig das neue Wohnungseigentümergesetz nicht verstanden werden. Ganz zu schweigen von einer praktischen Anwendung. Eine ständige Fortbildung im WEG ist daher im Grunde unverzichtbar!

Am 05.10.2021 fand die Fortbildung zu dem Thema

WEG 2021-Intensiv, Teil 2: Eigentümerversammlung, Beschlussfassung, Beschlussanfechtung und Beschlussersetzung

statt. Dies war der zweite Teil einer mehrteiligen Fortbildung zu den Änderungen des WEG.

 

Aus dem Inhalt

 

Beschlüsse, Vereinbarungen und Öffnungsklauseln

 

Das WEG schreibt im Einzelnen vor, welche Maßnehmen durch eine Beschlussfassung möglich sind. Eine Beschlussfassung ist eine Mehrheitsentscheidung der Eigentümer. Dabei kann der Beschluss auch einstimmig gefasst werden ohne dass hierdurch gleichzeitig eine Vereinbarung getroffen wurde. Beschlüsse könne angefochten werden. Hierzu muss der anfechtende Eigentümer die Klagefrist von 1 Monat beachten.

Bestimmte Änderungen und Vorhaben können jedoch nicht durch eine Beschlussfassung herbeigeführt werden. Dann ist es erforderlich, dass alle Eigentümer gemeinsam eine Vereinbarung treffen.

 

Beispiel: Die Änderung der Gemeinschaftsordnung ist beispielsweise nur durch eine Vereinbarung erforderlich.

 

Bei einer Vereinbarung handelt es sich um einen „Vertrag zwischen allen Eigentümern„. Die Vereinbarung kann formlos durchgeführt werden. Da es sich dabei um eine vertragliche Abrede zwischen allen Eigentümern handelt, ist eine Anfechtung wie bei einer Beschlussfassung nicht möglich. Die Vereinbarung ist sofort wirksam.

 

Daher können die Eigentümer beispielsweise auf dem gemeinsamen Gartenfest die Vereinbarung treffen, dass in der WEG keine Hunde gehalten werden dürfen (Voraussetzung: bisher wurden auch noch keine Hunde gehalten). Durch diese Vereinbarung wäre dann eine Hundehaltung verboten. Jedenfalls solange alle Eigentümer anwesend und zugestimmt haben und bis ein neue Eigentümer kommt…

 

Beschlüsse wirken auch für Rechtsnachfolger. Wird eine Sondereigentumseinheit (z.B. die Wohnung) verkauft, ist der neue Eigentümer an die in der Vergangenheit gefassten Beschlüsse gebunden. Daher sollten sich potentielle Käufer durch die Beschlusssammlung Kenntnis über die gefassten Beschlüsse der Vergangenheit verschaffen.

Eine Vereinbarung hat hingegen keine Bindungswirkung für neue Eigentümer. Der neue Erwerber muss sich daher nicht an die alten Vereinbarungen halten. Für ihn gilt nur dass, was in der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung oder im Grundbuch niedergeschrieben wurde. Wenn die Eigentümer eine Bindung ihrer Vereinbarungen auch für neue Eigentümer wünschen, muss die Vereinbarung in das Grundbuch eingetragen werden.

Öffnungsklauseln ermöglichen Änderungen der Gemeinschaftsordnung durch Beschlussfassung. Damit können die Eigentümer spätere Änderungen durch Beschlussfassungen vornehmen, die eigentlich nur durch Vereinbarungen möglich wären. Doch Vorsicht! Die durch eine Öffnungsklausel legitimierte Mehrheitsmacht wird materiell-rechtlich u. a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte begrenzt. Ein in solche Rechte ohne Zustimmung der nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer eingreifender Beschluss ist schwebend unwirksam.

Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren Mitgliedschaftsrechten gehört das sog. Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) – sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender – Leistungspflichten schützt. Die Zweckbestimmt der Wohnung gehört beispielsweise zu diesen unentziehbaren Rechten.

 

Wohnungseigentümerversammlung

 

Die Ladungsfrist von Wohnungseigentümerversammlungen wurde von bisher 2 Wochen auf nun 3 Wochen erhöht.

 

Online-Versammlungen

 

Das neue WEG sieht nun die „Online-Teilnahme“ an Eigentümerversammlungen vor. Hier muss aber der neue Gesetzestext ganz genau gelesen werden! Denn eine reine Online-Eigentümerversammlung gibt es auch weiterhin nicht. Es ist also nicht möglich, dass eine Eigentümerversammlung nur als reine Online-Veranstaltung ohne körperliche Anwesenheit stattfindet. Auch zukünftig muss eine Eigentümerversammlung stets die körperliche Anwesenheit der Eigentümer ermöglichen, wenn nichts anderes durch Vereinbarung geregelt wurde.

Damit eine „Hybrid-Versammlung“ stattfinden kann, müssen die Eigentümer hierüber zunächst einen Beschluss fassen. Erst danach ist es möglich, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch Online teilnehmen können. Zudem muss in dem Beschluss auch geregelt werden, ob Eigentümer an der Beschlussfassung ebenfalls Online teilnehmen können. Es muss also geregelt werden, ob die Eigentümer nur zuhören oder auch zusehen können sollen. Weiterhin muss in dem Beschluss geregelt werden, ob eine Stimmabgabe möglich sein soll.

 

Es könnte geregelt werden, dass eine parallele Stimmrechtvertretung vor Ort durch einen präsenten Teilnehmer erfolgen kann.

 

Umlaufbeschluss

 

Eine Beschlussfassung mittels eines Umlaufbeschlusses war bisher problematisch. Hiermit konnte ein Beschluss nur gefasst werden, wenn alle Eigentümer in diesem Verfahren teilgenommen und zugestimmt haben. Hatte auch nur ein Eigentümer widersprochen oder hatten nicht alle Eigentümer an dem Umlaufbeschluss teilgenommen, ist es nicht zu einer Beschlussfassung gekommen. Insbesondere ist hierdurch auch kein negativer ablehnender Beschluss gefasst worden, welcher binnen der Monatsfrist anzufechten war. Es lag ein sog. „Nicht-Beschluss“ vor, also ein nicht vorhandener Beschluss.

Durch die Gesetzesänderung ist nun die Möglichkeit eingeführt worden, dass für einzelne Angelegenheiten auch mittels Mehrheitsabstimmung im Umlaufverfahren entschieden werden kann. Hierzu muss die Gemeinschaft aber zuvor durch eine Beschlussfassung in einer ganz normalen Eigentümerversammlung die Voraussetzung schaffen.

Die Gemeinschaft kann somit in einer normalen Eigentümerversammlung beschließen, dass über eine ganz konkrete Maßnahme zu einem späteren Zeitpunkt im Umlaufverfahren mittels Mehrheitsentscheidung beschlossen werden soll. Nur dann ist ein Umlaufbeschluss auch mittels einer Mehrheitsentscheidung möglich. Weiter Änderungen an dem sog. Umlaufverfahren hat es nicht gegeben.