(zum Urteil des Bundesgerichtshofes vom 19. September 2018 – VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17)
Wer mit der Zahlung seiner Miete in Rückstand gerät riskiert schnell eine Kündigung seines Mietvertrages. Bereits ein Rückstand von einer Monatsmiete und 1 Cent erlaubt eine fristlose Kündigung, wenn dieser Rückstand in zwei aufeinander folgenden Monaten entsteht. Ein Rückstand von 2 Monatsmieten erlaubt eine fristlose Kündigung, wenn sich dieser Rückstand über mehrere Monate ansammelt. Der Wortlaut des Gesetzes ist hier eindeutig.
Gleichzeitig besteht aber auch die Möglichkeit, das Mietverhältnis wegen des Zahlungsverzuges ordentlich zu kündigen, d. h. mit der gesetzlichen Kündigungsfrist. Denn ordentliche Kündigungen können immer ausgesprochen werden, wenn der Mieter eine vertragliche Pflicht verletzt. Dies ist bei Zahlungsrückständen die vertragliche Pflicht zur monatlichen Mietzahlung. Doch warum werden zwei Kündigungen ausgesprochen?
Der Gesetzgeber hat erkannt, dass der Verlust der eigenen Wohnung eine schwerwiegende Folge ist. Es galt die Interessen des Vermieter (Erhalt der Miete) und die Interessen des Mieters (Erhalt der Wohnung) in ein Gleichgewicht zu bringen. Da ein Mietrückstand schnell eintreten kann (z.B. kurzfristige finanzielle Engpässe, Unachtsamkeit) soll der Mieter die Möglichkeit haben, durch Zahlung der Rückstände die fristlose Kündigung unwirksam werden zu lassen (sog. Schonfristzahlung). Damit soll das Interesse von Vermieter und Mieter gewahrt werden. Der Vermieter erhält seine Miete und der Mieter behält seine Wohnung. Der Mieter steht dieser Rettungsanker aber nur 1 mal in 2 Jahren zur Verfügung. Kommt er innerhalb von 2 Jahren erneut in Zahlungsrückstand, kann er die fristlose Kündigung nicht mehr durch Zahlung beseitigen.
Bei der gegenwärtigen Ausgestaltung des Gesetzes besteht die Möglichkeit der Schonfristzahlung aber nur für eine erklärte fristlose Kündigung. So der Wortlaut des Gesetzes und die Absicht des Gesetzgebers. Eine Schonfristzahlung bei Ausspruch einer ordentlichen Kündigung sieht das Gesetz nicht vor.
Diese Unterscheidung mag nur schwer verständlich sein, aber der Wortlaut des Gesetzes ist nun nach gerichtlicher Klärung eindeutig. Daher kann der Vermieter bei Zahlungsverzug eine Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig von einer Zahlung herbeiführen, wenn er gleichzeitig eine ordentliche Kündigung ausspricht.
Dies hat der Bundesgerichtshof nunmehr erneut in seinem Urteil vom 19. September 2018 (Aktenzeichen: VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17) erklärt. Obwohl der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit hierzu Stellung bezogen hatte, versuchte das Landgericht Berlin durch einen trickreichen neuen Weg diese Rechtsprechung zu umgehen. Das Landgericht Berlin vertrat die Auffassung, dass durch die erklärte fristlose Kündigung bereits kein Mietvertrag mehr vorhanden sei. Eine hierauf erklärte zusätzliche ordentliche Kündigung laufe daher Mangels Mietverhältnis ins Leere. Das akzeptierte der Bundesgerichtshof nicht! Eine solche Aufspaltung sei künstlich.
Nein! Bei der ordentlichen Kündigung wird im Gegensatz zur fristlosen Kündigung der Verschuldensmaßstab des Mieters geprüft. Die Gerichte könnten also bei einer schnellen Zahlung der Rückstände durch den Mieter sein Verschulden an dem Zahlungsverzug als gering einstufen. Dies könnte dann zur Folge haben, dass der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung unverhältnismäßig ist und damit insgesamt rechtswidrig. Denn das Mietrecht fordert stets eine Abwägung der Interessen von Mieter und Vermieter. Aufgrund dieser wachsweichen Formulierung haben die Gerichte der ersten Instanz somit die Möglichkeit, eine „interessensgerecht“ Entscheidung im Einzelfall zu treffen. Auch in Frankfurt am Main wurden mit dieser Argumentation bereits ordentliche Kündigungen für unwirksam erklärt.