Zugegeben, die Überschrift stellt das Problem Kinderlärm in Mietwohnungen überspitzt dar. Die überwiegende Auffassung der Gerichte dürfte aber in diesem Sinne häufig entscheiden und mit Lärm geplagten Mietern kein Erbarmen haben. Doch so weit geht der Bundesgerichtshof nicht und findet auch für lärmgeplagte Mieter Gehör.
Der Kläger wohnt seit 2004 als Mieter in einem Acht-Familienhaus in Berlin. Direkt in der Wohnung über dem Kläger wohnte eine Familie mit zwei nicht schulpflichtigen Kindern. Unter Vorlage von Lärmprotokollen behauptet der Kläger fast tägliche massive Lärmstörungen durch die Familie, auch an Sonn- und Feiertagen, durch heftiges Stampfen, Springen, Poltern sowie durch Schreie und sonstige lautstarke und aggressive familiäre Auseinandersetzungen.
Diese nicht nur durch die Kinder, sondern teilweise auch durch die Eltern selbst verursachten Störungen traten nicht nur punktuell, sondern bisweilen mehrmals am Tag auf und dauerten dabei größtenteils zwischen einer und vier Stunden. Der Lärm sei so heftig, das er sogar bei Verwendung von Ohrstöpseln noch deutlich hör- und spürbar sei. In der Küche sprängen die Töpfe durch die damit einhergehenden Erschütterungen in den Regalen und die Türen wackelten in den Angeln. Die Schallübertragung über die Bauteile sei sehr heftig und als andauerndes Wummern zu hören und zu spüren. Davon sei die komplette Wohnung betroffen, so dass sich der Kläger in keinem seiner Zimmer dem Lärm entziehen könne. Zeitweise sei der Kläger wegen der Intensität der Lärmstörungen sogar ausgezogen; auch Besucher übernachteten mittlerweile nicht mehr in der Wohnung des Klägers. Bezeichnend für die Intensität der Störung sei zudem, dass der Lärm und die Schallübertragung für die über der Wohnung der Familie lebende Mieterin trotz Schwerhörigkeit selbst ohne Hörgerät zu hören und zu spüren sei.
Der Kläger machte Mietminderung von 50 Prozent geltend sowie die Beseitigung der Störung. Das Amtsgericht und das Landgericht Berlin machten mit der Klage kurzen Prozess: Der Kinderlärm sei vom Kläger hinzunehmen. Er befände sich noch im üblichen Maß. Die umfangreichen Lärmprotokolle seien unzureichend. Die Klage wurde abgewiesen.
Diese Entscheidung wurde vom Bundesgerichtshof jedoch kassiert. Er verwies die Sache zurück an eine andere Kammer des Landgerichts. Offenbar wollte der Bundesgerichtshof dem Kläger nicht nochmals die gleichen Richter des Ausgangsverfahrens zumuten.
Der Bundesgerichtshof bestätigte zwar, dass bei Kinderlärm eine höhere Toleranz hinzunehmen sei, diese aber auch ihre Grenzen habe. Diese Grenzen sind hierbei jeweils im Einzelfall zu bestimmen unter Berücksichtigung namentlich von Art, Qualität, Dauer und Zeit des verursachten Kinderlärms. Zu Berücksichtigen seien hierbei auch das Alter und der Gesundheitszustand der Kinder sowie der Vermeidbarkeit des Kinderlärms durch objektiv gebotene erzieherische Einwirkungen oder durch zumutbare oder sogar gebotene bauliche Maßnahmen.
Darüber hinaus müssen Lärmprotokoll auch nicht lückenlos geführt werden. Es ist völlig ausreichend, wenn Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit der Lärmbelastung im Kern durch den Kläger vorgetragen werden. Eine Klage kann daher nicht allein mit der Begründung abgewiesen werden, dass das Lärmprotokoll „lückenhaft“ sei.