Vor Gerichten werden zunehmend Streitigkeiten wegen Ruhestörungen und Lärmbelästigungen ausgetragen. Es hat den Anschein, als ob das Ruhebedürfnis in den eigenen vier Wänden gestiegen ist. Statistische Erhebungen fehlen hierzu jedoch. Schlechte Schallisolierung der Wohnhäuser verschärft hierbei die Problematik erheblich, so dass die Gerichte sich zunehmen mit der Problematik der Hellhörigkeit von Mietwohnungen auseinandersetzen müssen. Auch in seiner Entscheidung vom 05.09.2016 hatte sich das Landgericht Berlin (Az.: 67 S 41/16) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Kinderlärm in der Nachbarwohnung eines hellhörigen Hauses einen Mietmangel darstellen kann.
Was war geschehen? Die Mieter bewohnen eine Wohnung im Erdgeschoss. Nach einigen Jahren wird die Wohnung oberhalb im 1. Obergeschoss an eine Familie mit mehreren Kindern vermietet. Seit dieser Zeit beklagen sich die Mieter im Erdgeschoss über wiederkehrenden Lärm. Es wird ein Lärmprotokoll erstellt. Darin wird der Lärm als „Lautes Hin- und Herrennen, Poltern, Stampfen, Herumtrampeln, Springen auf den Boden, laute Sprache und brüllen und Kindergeschrei“ beschrieben. Die Mieter machen eine Minderung der Miete in Höhe von 50 Prozent geltend sowie Rückzahlung von unter Vorbehalt gezahlter Miete in Höhe von EUR 9.000,00.
Das Amtsgericht und das Landgericht wiesen die Ansprüche der Mieter zurück. Das Landgericht vertritt die Auffassung, dass die Mieter den Kinderlärm zu dulden hätten und dieser keinen Mangel der Mietwohnung darstellt. Das Gericht stützt sich hierbei jedoch wesentlich darauf, dass es sich bei der Wohnung um eine solche mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnung handele und daher sehr preisgünstig sei. Es sei von Mieterin in öffentlich geförderten, familientauglichen Wohnungen ein höheres Maß an Geräuschtoleranz zu erwarten als von Mietern extrem teurer Altbauwohnungen, Luxusappartements oder „seniorengerecht“ angebotenen Wohnungen.
Ohne dass die Parteien sich ausdrücklich über den geschuldeten Zustand der Wohnung geeinigt hatten, sieht das Gericht jedoch eine Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten der Parteien. Aufgrund des Umstandes, dass die Mieter in eine günstige Sozialwohnung gezogen seien, hätten die Mieter akzeptiert, dass mit mehr Lärm in der Wohnung zu rechnen sei. Dies ist ein Novum in der Rechtsprechung, stellen die Gerichte doch sehr hohe Anforderungen an solche „konkludenten“ Vereinbarungen.
Nach der Entscheidung des Landgerichts können nun Mieter von hochpreisigen Wohnungen einen höheren Schutz vor Lärm aus den Nachbarwohnungen verlangen. Allein der Umstand einer hohen Miete soll dazu führen, dass Gegenstand des Mietvertrages die Überlassung von „geräuscharmen“ Wohnraum ist.
Die Entscheidung des Landgerichts ist mutig, jedoch konsequent. Durch eine höhere Miete werden nicht nur Erwartungen eine besondere luxuriöse Ausstattung gesetzt. Es wird erwartet, dass sich die Mietwohnung insgesamt von einer durchschnittlichen Wohnung abhebt, hierzu gehört auch die allgemeine Problematik hellhöriger Wohnungen. Die Hellhörigkeit von Gebäuden ist regelmäßig nicht erwünscht und wird daher nicht erwartet, wenn die Miete überdurchschnittlich hoch ist. Vermietern bleibt hiernach nur noch die Möglichkeit, auf eine vorhandene Hellhörigkeit hinzuweisen.