Bremse

Komplizierte Mietpreisbremse!

Durch die Mietpreisbremse soll der rasante Anstieg der Mieten bei Neuvermietungen ausgebremst werden. Ohne die Mietpreisbremse können Vermieter bei der Neuvermietung ihrer Wohnungen nahezu grenzenlos eine neue Miete verlangen. Je nachdem, was der Markt hergibt. Einer zügellosen Anhebung der Mieten bei der Neuvermietung stünde nur das Wirtschaftsstrafgesetz und der strafbare Wucher nach dem Strafgesetz entgegen. Da bei beiden Gesetzen aber eine „Ausnutzung“ einer Wohnungsmangellage oder der Erfahrung erforderlich ist, handelt es sich hier eher um theoretische gesetzliche Grenzen ohne wirklichen praktischen Nutzen.

Leider ist die Mietpreisbremse nicht so einfach zu bedienen wie eine Auto- oder Fahrradbremse! Die Mietpreisbremse erfordert von Mietern und von Vermietern eine genaue Kenntnis über die Funktionsweise. Andernfalls kann man leicht ins Schleudern geraten.

Was regelt die Mietpreisbremse?

Zunächst gilt die Mietpreisbremse nicht überall automatisch! Sie gilt nur in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt. Diese Gebiete müssen von den Landesregierungen bestimmt werden. Das Bundesland Hessen hatte dies erst in mehreren Anläufen geschafft.

Die Mietpreisbremse setzt direkt bei der Neuvermietung an. Also jedes Mal, wenn ein alter Mietvertrag endet und ein neuer Mietvertrag für die Wohnung mit neuen Mietern begründet wird. Für alle Wohnungen, die die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet werden, gilt die Mietpreisbremse jedoch nicht. Dies betrifft meist Neubauten. Hier darf die Miete innerhalb der oben genannten Grenzen (Wirtschaftsstrafgesetz und der strafbare Wucher) frei bestimmt werden.

Durch die Mietpreisbremse darf die neue Miete bei einer Neuvermietung grundsätzlich nur 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen:

Grundsätzlich darf die Neumiete nur 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, wenn die Mietpreisbremse gilt.

Um ein Überschreiten dieser Grenzen feststellen zu können, muss also zunächst die ortsüblichen Vergleichsmiete ermittelt werden. In Städten mit Mietspiegel ist dies noch einfach. An allen anderen Orten stößt man hier bereits auf ganz erhebliche praktische Grenzen. Denn wie bestimmt man die ortsübliche Vergleichsmiete ohne Mietspiegel? In der Folge kommt die Mietpreisbremse daher überall dort bereits praktisch zum Erliegen, wo die ortsüblichen Vergleichsmiete nicht mit einem Mietspiegel leicht ermittelt werden kann.

Die ortsübliche Vergleichsmiete wird nach der gesetzlichen Definition aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten sechs Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Es handelt sich daher nicht um die Miete, die aufgrund der Marktlage aktuell verlangt werden kann, sondern um eine „durchschnittliche“ Miete, die aktuell für alle Wohnungen in einem Gebiet gezahlt wird.

https://www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/stadt-wohnen/wohnungswirtschaft/fakten-wohnungsmarkt/mietspiegel/mietspiegel-node.html

Die Vormiete als Rechtfertigung

Vermieter brauchen die Mietpreisbremse nicht beachten, wenn die Vormiete bereits höher als die ortsübliche Vergleichsmiete war. In diesem Fall dürfen Vermieter genauso viel verlangen, wie sie zuvor verlangt haben. Auch wenn diese Miete höher als die ortsübliche Vergleichsmiete + 10 Prozent war:

Der Vermieter darf trotz Mietpreisbremse immer genauso viel verlangen, wie er zuvor verlangt hat (die Vormiete muss aber auch rechtmäßig gewesen sein).

Hier ist aber zu beachten, dass die Vormiete selbst rechtmäßig gewesen sein muss. Hat bereits die Vormiete gegen die Mietpreisbremse verstoßen, dann gilt nur die gesetzliche korrekte Miete als Vormiete. Der Vermieter kann der Mietpreisbremse also nicht dadurch entkommen, dass der Vormieter eine rechtswidrige Miete akzeptiert hat:

Die vom Vermieter verlangte Neumiete ist unzulässig. Er kann sich auch nicht auf die Vormiete berufen, da diese auch bereits unzulässig war.

Je nach den Umstände kann dies nun eine Prüfungskaskade bei der Prüfung der Vormiete, der Vor-Vor-Miete, der Vor-Vor-Vor-Miete usw. auslösen. Denn es muss ja ermittelt werden, ob eine der Vormieten einmal rechtmäßig war. Die Prüfung der Mietpreisbremse kann somit im Einzelfall recht kompliziert werden:

Die Vor-Vormiete war rechtmäßig. Damit war auch die Vormiete in gleicher Höhe rechtmäßig und somit auch die aktuelle Neumiete.

Modernisierungsmaßnahmen als Rechtfertigung

Auch eine Modernisierungsmaßnahme im Vorfeld kann eine höhere Neumiete erlauben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Modernisierungsmaßnahme während des Vormietverhältnisses oder in der Zeit zwischen beiden Mietverhältnisses durchgeführt worden ist. Die Modernisierungsmaßnahme muss aber in den letzten drei Jahren vor Beginn des neuen Mietverhältnisses durchgeführt worden sein.

In der Praxis ist die Regelung damit für 2 Situationen relevant:

  1. Der Vermieter hat im Vormietverhältnis eine Modernisierungsmaßnahme durchgeführt, aber auf eine Mieterhöhung verzichtet. Dann kann der Vermieter im neuen Mietverhältnis nun eine höhere Miete verlangen.
  2. Der Vermieter hat nach dem Ende des Vormietverhältnisses eine Modernisierungsmaßnahme durchgeführt. Nun kann er im anschließenden Mietverhältnis auch eine höhere Miete verlangen.

Auskunftspflicht vor Vertragsschluss

Der Vermieter muss vor Abschluss des Mietvertrages (vorvertragliche Auskunftspflicht) über die Vormiete Auskunft erteilen, wenn er die gleiche Miete erneut verlangen will. Hat der Vermieter diese Auskunft nicht erteilt, kann er sich nicht auf die Vormiete berufen. Es gilt dann auf jeden Fall die Mietpreisbremse ohne Ausnahme.

Der Vermieter kann aber die vorvertragliche Auskunftspflicht nachholen. Allerdings kann er sich dann erst zwei Jahre nach Nachholung der Auskunft auf die Vormiete wieder berufen:

Hat der Vermieter keine Auskunft über die Vormiete erteilt, kann er sich nicht auf die Vormiete berufen. Er kann die Auskunft aber nachholen. 2 Jahre später kann er dann die Miete bis zur Höhe der zulässigen Vormiete verlangen.

Damit die Mietpreisbremse wirken kann, muss der Vermieter also auf eine höhere Vormiete oder eine Modernisierung hinweisen. Unterlässt der Vermieter den Hinweis vor Abschluss des Mietvertrages, wirkt die Mietpreisbremse zunächst nicht. Der Hinweis muss in Textform erfolgen (z.B. E-Mail, SMS, WhatsApp Nachricht etc.). Ein mündlicher Hinweis geht nicht.

Inhalt der Auskunft

Will sich der Vermieter auf die Vormiete berufen, muss er lediglich die Höhe der Vormiete angeben. Der Vermieter muss nicht mitteilen, ob die Vormiete selbst auch rechtmäßig war. Wenn also die Vormiete bereits gegen die Mietpreisbremse verstoßen hat, muss dies der Mieter selbst herausfinden. Hierzu stehen dem Mieter nachvertragliche Auskunftsansprüche zu.

Die vorvertragliche Auskunftspflicht des Vermieters soll lediglich darüber informieren, dass nach Auffassung des Vermieters ein Ausnahmetatbestand in Betracht kommt und welcher dies ist.

Damit ist der gesetzliche vorvertragliche Auskunftsanspruch des Vermieters völlig für die Katz! Der Mieter kann mit der Information nichts anfangen. Denn der Mieter weiß nicht, ob die Höhe der Vormiete rechtmäßig war.

Damit der Mieter prüfen kann, ob die Vormiete rechtmäßig war, braucht er folgende weiteren Informationen:

  • Kenntnis über den Beginn des Vormietverhältnisses
  • Ggf. Kenntnis über das Vor-Vormietverhältnis
  • Kenntnis über die ortsübliche Vergleichsmiete für das Vor- und das Vor-Vor-Mietverhältnis

Um die Voraussetzungen der Mietpreisbremse richtig einschätzen zu können benötigt der Mieter weitere Auskünfte, welche ihm der Vermieter allerdings auch erteilen muss.

Rechtsfolgen der Mietpreisbremse

Ist die Mietpreisbremse anwendbar und liegt kein Ausnahmetatbestand vor, kann der Mieter die nicht geschuldete Miete zurückverlangen. Dies setzt aber auf jeden Fall eine Rüge des Mieters voraus. Ohne Rüge gibt es auch kein Geld zurück! Zudem kann eine verspätete Rüge zu einer zeitlichen Kürzung des Anspruches führen.

Für Mietverträge bis zum 31.3.2020 gilt zudem noch eine alte Rechtslage. Hier können nur Mieten nach der Rüge zurückgefordert werden.

Ohne Rüge kein Geld zurück!

Ohne Rüge hat der Mieter keinen Anspruch auf Rückforderung. Es handelt sich hier eher um eine formelle Anforderungen. Warum sollte ein Mieter die Miete zurückfordern, ohne zuvor einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse hingenommen zu haben!?! Daher steht zu Beginn immer eine Rüge des Verstoßes gegen die Mietpreisbremse. Das Gesetz unterscheidet zwischen einer einfachen und einer qualifizierten Rüge:

Einfache Rüge bei unterlassener Auskunft

Hat der Vermieter kein Auskunft über die Vormiete oder über Modernisierungsmaßnahme erteilt und verstößt die Miete gegen die Mietpreisbremse, reicht eine einfache Rüge aus. Der Mieter muss lediglich einen Verstoß gegen die §§ 556d ff. BGB rügen. Danach kann die nicht geschuldete Miete zurückverlangt werden.

Qualifizierte Rüge bei Auskunft

Hat der Vermieter eine Auskunft über die höhere Vormiete oder über Modernisierungsmaßnahme erteilt und verstößt die Miete weiter gegen die Mietpreisbremse, reicht eine einfache Rüge nicht aus. Der Mieter muss sich nun in seiner Rüge sich auf diese Auskunft beziehen.

Über Sinn und Zweck hierüber kann man nun streiten. Man muss diese formellen Anforderungen einfach akzeptieren.

Rüge 30 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses

All zu lange Zeit sollten sich Mieter jedoch mit der Rüge nicht lassen. Rügt der Mieter den Verstoß mehr als 30 Monate (2,5 Jahre!) nach Beginn des Mietverhältnisses kann er nur die nach Zugang der Rüge fällig gewordene Miete zurückverlangen.

Rügt der Mieter also 29 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses den Verstoß gegen die Mietpreisbremse, kann er die Mieten der letzten 2,5 Jahre zurückverlangen. Rügt der Mieter erst 30 Monaten nach Beginn des Mietverhältnisses den Verstoß gegen die Mietpreisbremse, geht der Anspruch für die letzten 2,5 Jahre verloren.

Rüge bei bereits beendetem Mietverhältnis

Rügt der Mieter erst nach Beendigung des Mietverhältnisses einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse, kann er laut Gesetzt ebenfalls nur die Mieten nach der Rüge zurückverlangen.

Hier ist das Gesetz ungenau! Denn wenn das Mietverhältnisses beendet ist, können keine Mieten mehr anfallen! Viel mehr geht es hier um Nutzungsentschädigungen, wenn die Mietsache zu spät zurückgegeben wird. In der Praxis dürfte die Regelung meist in Konfliktfällen zur Anwendung kommen. Also wenn der Vermieter das Mietverhältnis gekündigt hat und der Mieter nun zum Gegenschlag mit der Mietpreisbremse ausholen will.

Verträge bis 31.12.2018

Für Mietverträge bis 31.12.2018 gelten höhere Anforderungen bei der Rüge. Die Rüge muss die Tatsachen enthalten, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht. Es handelt sich also um eine qualifizierte Rüge.

Für Hessen ist die Vorschrift indes völlig irrelevant. Denn bis zum 28.06.2019 gab es wegen Fehlern in der Gesetzgebung keine Mietpreisbremse. Auch in anderen Bundesländern sollte zunächst geprüft werden, wann der Landesgesetzgeber wirksam Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt per Rechtsverordnung festgelegt hat.

Verträge bis 31.3.2020

Für Mietverträge bis 31.3.2020 konnten nur Mieten zurückgefordert werden, die nach der Rüge angefallen sind. Hier gab es die Regeln über die 30 Monatsfrist noch nicht.

Für die Praxis

Die Anwendung der Mietpreisbremse ist kompliziert. Hinzu kommen viele ungeklärte Rechtsfragen. Es müssen viele Details geprüft werden. Schnell kann man sich in den Wirren von Ausnahmen und Gegenausnahmen, den verschiedenen Gesetzesänderungen und der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete verlieren.

Und trotzdem kann die Mietpreisbremse zu einer Vollbremsung für den Vermieter mit hohen Rückzahlungsansprüchen führen. Insbesondere wenn es zu Störungen im Mietverhältnis kommt, könnte die Mietpreisbremse von dem Mieter als vermeintlicher Joker gezogen werden. Dennoch ist sie bei vielen Mietern bisher noch unbekannt. Vor Gericht landen bisher nur wenige Fälle.

Rechtlich bleibt die Mietpreisbremse mit ihren vielen ungeklärten Fragen spannend, zumindest in juristischer Sicht. Dies eröffnet in vielen Fällen Verhandlungsspielraum.