Kündigungsbeschränkungen während Corona-Pandemie

Innerhalb kürzester Zeit hat der Gesetzgeber die Befugnis zur Kündigung von Mietverhältnisses wegen der Corona-Krise eingeschränkt. Die Regelung gilt für alle Mietverhältnisse und Pachtverhältnisse. Die Regelung gilt daher für Wohnraummietverträge und Gewerberaummietverträge gleichermaßen. Doch unter welchen Voraussetzungen besteht der Ausschluss des Kündigungsrechtes des Vermieters?

 

Voraussetzungen für einen Kündigungsausschluss

 

  1. Zahlungsverzug zwischen dem 01 April 2020 und 30. Juni 2020.

    Die Neuregelung betrifft nur Kündigung wegen Zahlungsverzug. Nur wenn allein wegen der Nichtzahlung der Miete zwischen dem 01.04.2020 und 30.06.2020 gekündigt werden soll, greift die neue Regelung ein. Soll dagegen die Kündigung auf andere Gründe gestützt werden (z.B. wegen Eigenbedarf, Störung des Hausfriedens, unerlaubte Untervermietung etc.), ist dies auch weiterhin möglich.

  2. Nichtzahlung als Folge der Corona-Pandemie

    Der Grund, warum die Miete nicht gezahlt wird, muss im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen. Dies können z. B. Einbrüche bei den Einnahmen wegen ausbleibender Kundschaft sein oder Einnahmeneinbrüche weil der Betrieb wegen Covid-19 schließen musste. Soll hingegen der Mietvertrag wegen Zahlungsausfällen vor dem 01.04.2020 gekündigt werden, ist eine hierauf gestützte Kündigung grundsätzlich weiterhin möglich.

    Fraglich ist, ob ein Kündigungsausschluss dann wieder besteht, wenn alte Mietschulden nach den Planungen des Mieters ab April 2020 vollständig und vor Zugang einer Kündigung gezahlt werden sollten und die geplante Zahlung allerdings nun durch die Folgen der Pandemie nicht mehr möglich ist. Hiergegen spricht jedoch die Gesetzesbegründung. Denn dort heißt es: „Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen.

    Ein Zusammenhang zwischen der Nichtzahlung und der Pandemie wird auch dann nicht bestehen, wenn die Mieten durch Sozialämter bezahlt, aber vom Mieter nicht weitergeleitet wurden. Auch in diesen Fällen dürfte eine Kündigung weiter möglich bleiben.

  3. Beweislast

    Der Nachweis, dass die Nichtzahlung ihre Gründe in den Folgen der Corona-Pandemie hat, muss vom Mieter erbracht werden. Dieser hat die Gründe im Streitfall glaubhaft zu machen. Der Mieter kann sich entsprechender Nachweise, einer Versicherung an Eides Statt oder sonst geeigneter Mittel bedienen. Hierzu reicht es aus, wenn er die Gewährung von staatlichen Leistungen bescheinigen kann oder sein Betrieb durch behördliches Verbot geschlossen werden musste. Damit dürfte die Beweislast als niedrig für den Mieter einzustufen sein.

 

Muss man nach der Krise sofort alles zurückzahlen um eine Kündigung zu vermeiden?

 

Nein! Das Gesetz sagt, dass der Kündigungsschutz bis zum 30.09.2022 gilt. Aber nur Zahlungsrückstände zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 können nach der gesetzlichen Regelung nicht als Kündigungsgrund bis zum 30.09.2020 herangezogen werden. Die Begründung des Gesetzes lautet: „Damit haben Mieter und Pächter vom 30. Juni 2020 an über zwei Jahre Zeit, einen zur Kündigung berechtigenden Miet- oder Pachtrückstand auszugleichen.“ Dies ist erstaunlich! Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht der Kündigungsschutz bis zum 30.09.2022, auch wenn das Unternehmen in der Zwischenzeit wieder Gewinne erwirtschaftet. Kann dies Sinn und Zweck der Regelung sein?

 

Nur Kündigung ausgeschlossen! Weitere Verzugsfolgen bleiben bestehen!

 

Vorsicht! Der Wortlaut und auch die Begründung des neuen Gesetzes schließen die sonst üblichen Verzugsfolgen nicht aus! Die Begründung zu dem neuen Gesetzt lautet:

„Mieter erhalten kein Leistungsverweigerungsrecht nach der Grundregel des § 1. Sie bleiben damit nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet und können gegebenenfalls auch in Verzug geraten.“

Gerät der Mieter daher aufgrund der Corona-Pandemie in Zahlungsverzug, könnte er wegen des Zahlungsverzugs weiterhin gerichtlich in Anspruch genommen werden. Auch Rechtsanwaltskosten werden als sog. Verzugsschaden zu ersetzen sein, wenn sich der Vermieter anwaltlicher Hilfe bedient.

Im Gewerberaummietrecht stellt sich dann auch die Frage, ob der Vermieter bei ausbleibenden Mietzahlungen zur Einstellung der Versorgung der Mietsache mit Wärme und Energie berechtigt ist (AG Ludwigslust, Az.: 5 C 324/13, Urteil vom 31.05.2013). Werden die Mieten im Zeitraum 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 aus Gründe von Pandemie-Folgen nicht gezahlt, könnte der Vermieter ebenfalls seine sonstigen Versorgungsleistungen zurückbehalten (Strom, Wasser, Wärme, Reinigung etc.).

 

Ungenaue Regelungen werden zu Rechtsunsicherheit führen

 

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie wurde in kürzester Zeit erstellt und beschlossen. Dies bleibt nicht ohne Folgen für die Rechtssicherheit und somit erhebliche Unsicherheiten im Falle von Gerichtsstreitigkeiten:

 

  1. Es dürfte künftig Streit darüber entstehen, ob die Folgen der Corona-Pandemie ursächlich für die Nichtzahlung der Miete sind.
  2. Ungeklärt ist die Behandlung von Zahlungsrückstände vor dem 01.04.2020, wenn der Mieter diese nach dem 01.04.2020 hätte zahlen kennen, aber aus Gründen der Folgen der Corona-Pandemie nunmehr nicht mehr zahlungsfähig ist.
  3. Ist eine Kündigung wegen Zahlungsrückständen in der Zeit vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 ausnahmslos bis zum 30.09.2022 ausgeschlossen, auch wenn es dem Mieter zwischenzeitlich wieder wirtschaftlich hervorragend geht?
  4. Der Vermieter behält seinerseits sein Zurückbehaltungsrecht wegen nicht geleisteter Mieten. Auch wenn der Vermieter aufgrund der neuen Regelung nicht kündigen kann, wird er möglicherweise eigene Leistungsverpflichtungen gegenüber dem Mieter zurückbehalten können (Lieferung mit Wärme und Energie etc.).
  5. Können nach dem 30.06.2020 Zahlungen, die keiner bestimmten Miete zugeordnet werden, zur Tilgung von Rückstanden aus dem Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 herangezogen und damit doch noch ein Kündigungstatbestand wegen Zahlungsverzug für Mietrückstände nach dem 30.06.2020 herbeigeführt werden.

 

Für die Praxis

 

Mieter sollten sich nicht allein auf das neue Recht stützen, wenn Mieten wegen der Folgen der Corona-Pandemie nicht gezahlt werden können. Es sollte zuvor rechtzeitig das Gespräch mit dem Vermieter und bestenfalls eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Denn auch wenn eine Kündigung durch das neue Gesetz befristet ausgeschlossen wird, verbleibt es bei den üblichen Schadensersatzansprüchen wegen Verzugs, soweit nicht der Verzug selbst unverschuldet ist. Zudem gilt der befristete Kündigungsausschluss nicht unbegrenzt. Es bleiben weiterhin Kündigungen wegen anderer Gründe oder gar wegen alter Zahlungsrückstände möglich.