Für Gewerbetreibende die auf Laufkundschaft in der Innenstadt angewiesen sind, ist es von existenzieller Bedeutung, dass das eigene Geschäft wahrgenommen wird und die unmittelbare Umgebung zum zum Einkaufen einlädt. Eine Baustelle vor den eigenen Geschäftstüren kann durch Lärm, Staub oder Verstellen des Sichtbereiches des Ladens zu erhebliche Einbußen bei den Einnahmen führen. Besonders ärgerlich ist es dann, wenn die laufenden Kosten bei sinkenden Einnahmen ungemindert weiter bestehen. Für viele Gewerbetreibende kommt dann der Gedanke, ob die Miete durch die Beeinträchtigungen gemindert ist.
Hierzu hatte nun das Oberlandesgericht Frankfurt am Main einen Fall zu entscheiden (OLG Frankfurt, Urt. v. 11.02.2015, Az.: 2 U 174/14).
Die Mieterin wurde von dem Vermieter auf Räumung in Anspruch genommen, nachdem das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges gekündigt wurde. Die Mieterin verteidigte sich damit, dass die Miete wegen des Baustellenlärms gemindert gewesen sei. In der Nähe des Ladengeschäftes wurde eine Baustelle zur Bebauung eine naheliegenden Areals eingerichtet. In dem Straßenbereich vor dem Ladengeschäft der beklagten Mieterin wurden Container für die Bauunternehmen sowie Beton-Stahlkonstruktionen eingerichtet. Bedingt durch die Baustelle wurde dieser Bereich durch die beteiligten Baufahrzeuge und Lkw angefahren.
Das von der Beklagten betriebene Geschäft erforderte das Bedienen von Kunden im Rahmen von Kundengesprächen sowie das Vorführen und gegebenenfalls Erläutern von Bildern. Das Gericht stellte fest, dass solche Gespräche grundsätzlich eine Atmosphäre voraussetzten, die nicht durch erhebliche Lärm- oder sonstige Einwirkungen gestört ist. Da als Kunden des Geschäftes insbesondere Passanten und Laufkundschaft in Betracht kämen, sei es förderlich, daß das Ladengeschäft auch von einer gewissen Entfernung an den an ihm angebrachten Werbeschildern zu erkennen ist. Bei Vertragsschluss waren all diese Voraussetzungen erfüllt.
Die Beklagten minderten die Miete zunächst um monatlich 30 %, im weiteren Verlauf des Rechtsstreites stellte sie die Mietzahlung vollständig ein.
Das Gericht urteilte, dass die Miete wegen des Baustellenlärms die Miete mindern konnte, jedoch nur um 15 %.
Grundsätzlich könne die Beeinträchtigungen infolge der Einrichtung der Baustelle einen Mangel der Mietsache begründen. Hierzu muss aber ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch einschränkt sein. Ob ein Mangel vorliegt, hänge insbesondere von den vertraglichen Vereinbarungen, den Kenntnissen der Vertragsparteien, der Art und Intensität der Beeinträchtigungen sowie deren Üblichkeit im Hinblick auf die Lage des Mietobjekts ab. Dabei ist eine Risikoverteilung zwischen dem vom Mieter selbst zu tragenden allgemeinen Lebensrisiko und dem speziellen Risiko des Einstehenmüssens für Umfeldmängel, soweit es den Vermieter trifft, vorzunehmen.
Der Bundesgerichtshof urteilte bereits, dass jeder Anlieger einer Straße insbesondere im Innenstadtbereich mit gewissen Beeinträchtigungen aufgrund üblicher Bautätigkeiten oder des Vorhandenseins einer Baustelle einschließlich ihrer Einrichtung rechnen und diese hinnehmen muss, wenn diese sich innerhalb der in Innenstadtlagen üblichen Grenzen halten.
So sah es auch das OLG. Es entschied, dass diese Grenze überschritten sei, so dass die Miete gemindert war. Allerdings nicht um 30 %, sondern nur um 15 %. Das Risiko, dass sich die Mieterin bei der Minderungsquote verschätzt hatte, trägt sie allein. Daher war die Mieterin nicht berechtigt gewesen, einen Teil der Miete einzubehalten, so dass eine hierauf gestützte Kündigung des Vermieters wirksam war.
In dem Prozess hätte wenigstens die Beendigung des Mietverhältnisses verhindert werden können, wenn die Miete zunächst mit Vorbehalt gezahlt worden wäre. Die übrigen strittigen Fragen hätten sodann in einer Zahlungsklage durch die Mieterin geklärt werden können.