Bremse

Die Mietpreisbremse in Hessen

Der Bundesgesetzgeber wollte durch die sog. Mietpreisbremse einen zu schnellen Anstieg der Wohnungsmieten verhindern, also die Geschwindigkeit des allgemeinen Mietanstieges abbremsen. Um dies zu erreichen, darf die Miete bei Neuvermietungen grundsätzlich nur maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Liegt die Miete bei einer Neuvermietung darüber, kann der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen diesen Teil sogar rückwirkend zurückverlangen. Über die Folgen eines Verstoßes gegen die Mietpreisbremse habe ich bereits einen Blog geschrieben.

Spoiler Alarm

[Ergebnis vorweggenommen:] In Hessen gibt es damit eine Mietpreisbremse somit grundsätzlich erst für alle Mietverträge, die nach dem 28.06.2019 neu abgeschlossen wurden.

Was sind die Voraussetzungen für die Mietpreisbremse?

Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt

Die Beschränkung der Mieten bei Neuvermietung gelten nur in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten. Nur dort besteht die Regelung, dass die Neumieten nur maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Die Bestimmung solcher Gebiete erfolgt durch die Landesregierungen der einzelnen Bundesländer. Hierzu müssen die Landesregierungen in einer gesonderten Verordnung in ihrem Bundesland solche Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten festlegen.

Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen nach dem Willen des Gesetzes vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist (§ 556d Abs. 2 BGB).

§ 559d Abs. 2 BGB

Ob es eine Mietpreisbremse für eine bestimmte Wohnung gibt oder nicht, hängt damit hauptsächlich von der Entscheidung der Landesregierungen ab. Der Bundesgesetzgeber hat im Bürgerlichen Gesetzbuch lediglich die rechtliche Grundlage für die Mietpreisbremse geschaffen. Die Landesregierungen müssen die Mietpreisbremse erst noch „aktivieren“.

Neuvermietung

Die Mietpreisbremse kann nur bei Neuabschluss von Mietverträgen gelten. Bereits bestehende alte Mietverträge profitieren von der Mietpreisbremse also nicht. Nur Mietverträge, die nach Aktivierung der Mietpreisbremse abgeschlossen werden, können unter die Mietpreisbremse falle. Für alle vorher schon abgeschlossenen Mietverträge gilt die Mietpreisbremse nicht. Damit kommt es also wesentlich darauf an, wann die Landesregierungen die Mietpreisbremse durch eine entsprechende (wirksame) Verordnung „scharf gestellt“ haben. Alle Mietverträge, die nach einer solchen rechtswirksam erlassenen Verordnung abgeschlossen werden und sich in einem entsprechenden Gebiet mit angespannten Wohnungsmärkten befinden, fallen unter die Mietpreisbremse. Alle vorher abgeschlossenen Mietverträge somit nicht.

Keine Regel ohne Ausnahmen …

Es gibt eine Vielzahl von Ausnahmen:

  1. Grundsätzlich gilt die Mietpreisbremse nicht für solche Wohnung, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurden. Damit fallen alle Neubauten, die nach dem 1.10.2014 fertiggestellt wurden aus der Mietpreisbremse raus. Dies gilt aber auch für Neubauten, die zwar vor dem 01.10.2014 fertiggestellt wurden, aber die Wohnungen darin bisher nicht vermietet wurden.

  2. Die Mietpreisbremse gilt auch nicht für die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung. Hier muss aber beachtet werden, dass eine umfassende Modernisierung nur dann angenommen wird, wenn diese rechtlich und baulich einem Neubau gleichkommt. Der Vermieter muss hier also schon eine Art Generalsanierung mit Entkernung durchgeführt haben. Die Hürden sind hoch. Auch eine Vielzahl von Modernisierungen gilt nicht als „umfassende Modernisierung„, wenn diese insgesamt nicht einem Neubau nahezu gleichkommen.

  3. Auch wenn die Vormiete (Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete) bereits so hoch war, dass sie über der Grenze von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, darf der Vermieter diese Miete auch bei einer Neuvermieter wieder verlangen. Der Vermieter ist also nicht an die Mietpreisbremse gebunden. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Nicht jede „Vormiete“ ist hierbei zu berücksichtigen. Wenn der Eigentümer in der Zwischenzeit selbst in der Wohnung wohnte, kann er nicht einfach die Miete vor seinem Einzug als „Vormiete“ heranziehen, um die Mietpreisbremse damit auszuhebeln. Ebenso kann der Vermieter die „Vormiete“ nicht künstlich anheben, um bei einer Neuvermietung die Mietpreisbremse hierdurch auszuhebeln. Denn Mieterhöhungen, die mit dem vorherigen Mieter innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart wurden, bleiben unberücksichtigt.

Die besonderen Probleme in Hessen

Wie bereits ausgeführt, gilt die Mietpreisbremse grundsätzlich erst nachdem die Landesregierung eine entsprechende Verordnung rechtswirksam erlassen hat.

Die gesetzlichen Regelungen für die Mietpreisbremse wurden am 27. April 2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und waren damit am 28.04.2015 erstmals gültig. Dies stellt also den frühestmöglichen Zeitpunkt dar, ab wann die Mietpreisbremse durch die Landesregierungen scharf gestellt werden konnte. Alle Mietverträge, die vor dem 28.04.2015 geschlossen wurden, profitieren unter keinen Umständen von der Mietpreisbremse. Für sie gilt nur das schwer anwendbare Wirtschaftsstrafgesetzbuch.

Nach dem 28.04.2015 mussten die Landesregierungen aber noch entsprechende Verordnungen erlassen, bevor die Mietpreisbremse grundsätzlich wirksam werden konnte. Die Mietpreisbremse musste also noch „scharf gestellt“ werden.

Die Hessische Landesregierung hatte hierauf am 17.11.2015 eine entsprechende Verordnung erstmals erlassen.

Nach § 556d BGB muss die Verordnung aber zwingend begründet werden. Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. Ferner muss sich aus der Begründung ergeben, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem nach Satz 1 durch die Rechtsverordnung jeweils bestimmten Gebiet und Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen.

Die Hessische Landesregierung hatte ihre Verordnung zwar damals begründet. Allerdings hatte sie diese Begründung niemals veröffentlicht. Der Bundesgerichtshof hatte am 17.07.2019 sodann entschieden, dass die ohne Begründung veröffentliche Verordnung der Landesregierung unwirksam ist. Als Konsequenz führte dies dazu, dass es in Hessen keine Mietpreisbremse gab.

Erst am 11.06.2019 hat die Hessische Landesregierung im dritten Anlauf eine neue Verordnung erlassen, welche nun auch wirksam ist. Die Verordnung wurde am 27.06.2019 im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen veröffentlicht. Die Verordnung wurde damit am 28.06.2019 wirksam.

Damit ist in Hessen die Mietpreisbremse grundsätzlich erst für alle Mietverträge, die nach dem

28.06.2019

neu abgeschlossen wurde, anwendbar. Für alle vorher abgeschlossenen Mietverträge kann es in Hessen damit grundsätzlich keine Mietpreisbremse geben. Damit sind auch Ansprüche von Mieter auf Rückforderung von Mieten nicht möglich, wenn der Mietvertrag bereits vor dem 28.06.2019 abgeschlossen wurde.

Für die hessischen Bürger wurde die Mietpreisbremse damit erst vier Jahre nach der gesetzlichen Einführung der Mietpreisbremse „scharf gestellt“.