Beherbergungsverbot

Neues Corona-Gesetz: Erste gerichtliche Entscheidung!

 

Das vom Bundesgesetzgeber zum Ende des Jahres 2020 erlassene Gesetz zur Unterstützung der Gewerberaummieter erleidet anscheinend seine erste Schlappe vor Gericht. Hiernach konnten die in das Gesetz gesetzten Erwartungen nicht erfüllt werden. Der „legislativer Griff ins Leere“ (Brinkmann/Thüsing; NZM 2021, 5) wurde wie bereits von vielen Juristen vermutet, nun erstmalig gerichtlich bestätigt. Viele Internetseiten haben völlig überzogene falsche Hoffnungen auf Seiten von Gewerberaummietern geweckt! Solch falsche Gesetzesauslegung ist brandgefährlich und kann im schlimmsten Fall zu fristlosen Kündigungen des Mietvertrages  führen! Es zeigt leidvoll, das nicht alles Gold ist, was im Internet so schön auf Webseiten glänzt!

 

Was war geschehen?

 

Das Landgericht München (Az.: 31 O 7743/20) musste am 25.01.2021 über Ansprüche eines Vermieters gegen seinen Mieter wegen Nichtzahlung der Gewerbemieten entscheiden. Die Parteien hatten einen Mietvertrag über Räume zum Betrieb eines Hotels geschlossen. Aufgrund der gesetzlichen Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind die Übernachtungszahlen in dem Hotel massiv eingebrochen. Die beklagte Mieterin hatte in ihrem Hotel erhebliche Umsatzeinbrüche zu verzeichnen.

In dem Verfahren führte die Beklagte die Umsatzeinbußen auf folgende Gründe zurück:

  • Beherbergungsverbote für touristische Zwecke
  • Ängste der Menschen vor Übernachtungen wegen der Corona-Pandemie
  • Vorsorgliche Hotelschließung durch die Beklagte, wegen Unwirtschaftlichkeit.

In den Monaten April, Mai und Juni 2020 zahlte die Beklagte keine Miete mehr. Die Mieterin ist der Auffassung, aus den folgenden Gründen keine Miete zahlen zu müssen:

 

  1. Weil das Hotel wegen der Corona-Vorschriften nicht mehr wie vertraglich vereinbart als Hotel genutzt werden konnte, lag ein Mietmangel vor. Die Miete war daher gemindert.
  2. Es liege ein sog. „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ vor. Daher müsste der Mietvertrag wegen der Corona-Pandemie nachträglich angepasst werden.

 

Die rechtliche Grundlage

 

Relevant für diesen Fall ist die sog. „Störung der Geschäftsgrundlage“. Diese ist in § 313 BGB geregelt. Unter bestimmten Voraussetzungen können die Parteien hiernach eine Anpassung ihrer Verträge vom Vertragspartner „verlangen“.

Voraussetzungen für die gesetzliche Vertragsanpassung sind:

  1. Die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, haben sich nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert,
  2. Die Parteien hätten den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten und
  3. Einem Teil kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden.

 

In der aktuellen Corona-Pandemie stellen sich daher die entsprechenden konkreten Fragen:

 

  1. Haben sich durch die Corona-Pandemie die Grundlagen der Mietverträge schwerwiegend verändert?
  2. Hätten Mieter und Vermieter andere Regelungen über die Mietzahlungen geschlossen, wenn beide eine weltweite Pandemie mit umfassenden Geschäftsschließungen vorausgesehen hätten?
  3. Ist dem Mieter das Festhalten an der vollen Mietzahlung auch unter Abwägung beider Interessen nicht mehr zumutbar? Realisiert sich durch die Pandemie nicht nur das Geschäftsrisiko des Mieters?

Da die in § 313 BGB geregelte Vertragsanpassung einen schwerwiegenden nachträglichen Eingriff in das Vertragsverhältnis darstellt, wird die Vorschrift von den Gerichten nur äußerst zurückhaltend angewendet. Praktisch sind die Hürden sehr hoch. Es ist kaum vorherzusagen, wann ein Gericht die drei Voraussetzungen zur Vertragsanpassung als erfüllt ansieht.

 

In meinem Beitrag vom 13.02.2021 hatte ich bereits über die Gesetzesänderung berichtet.

 

Was hatte der Gesetzgeber entschieden?

 

Der Gesetzgeber hatte zum 31.12.2020 ein Gesetz erlassen, wonach für Gewerberaummieter der Anspruch auf Anpassung der Verträge nach § 313 BGB erleichtert werden sollte.

Im Internet kann man daher nun vermehrt (falsche) Berichte finden, wonach Gewerberaummieter aufgrund des neuen Gesetzes nun ein Recht zur Vertragsanpassung haben sollen.

Dies ist nicht richtig!

Der Gesetzgeber hatte nur die Voraussetzung Nr. 1 (siehe oben) zu Gunsten des Mieters geändert. Hiernach soll nun lediglich vermutet werden, dass die Corona-Pandemie“ die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.“ Offen bleibt damit aber immer noch die Prüfung der Voraussetzungen Nr. 2 und Nr. 3. Und in diesen Punkten, insbesondere in Punkt 3., bestehen die größten Rechtsunsicherheiten.

Die Voraussetzung Nr. 1 war rechtlich nie das große Problem gewesen! Die Rechtsänderung hat daher praktisch keinerlei Relevanz.

 

Wie entschied das Landgericht München?

 

Das Gericht hat, so war es ja zu erwarten, keine Probleme darin gesehen, dass sich die vertraglichen Grundlagen durch die Corona-Pandemie schwerwiegend verändert haben (Punkt 1 der oben genannten Voraussetzung).

Auch Punkt 2 der Voraussetzung war nicht wirklich das große Problem. Beide Voraussetzungen wurden von dem Gericht auch gar nicht weiter problematisiert.

Die Probleme traten jedoch in der Prüfung der dritten Voraussetzung auf. Hier konnte der Mieter letztendlich mit seinen Argumenten das Gericht nicht überzeugen und verlor den Rechtsstreit.

Für das Gericht waren insbesondere die folgenden Punkte entscheidungsrelevant:

  1. Der Mieter hafte nach allgemeinen Regeln grundsätzlich verschuldensunabhängig für seine Zahlungsfähigkeit. Daher müsse, so das Gericht, der Mieter ausreichend Rücklagen für schlechte Zeiten ansparen. Wenn der Mieter keine Rücklagen anspare, wäre dies sein Problem und nicht das Problem des Vermieters. Im Fall hatte der Mieter keine Rücklagen angespart.
  2. Der Rückgang der Hotelbesuche beruht nach Ansicht des Gerichts nicht allein auf dem gesetzlichen Beherbergungsverbot. Viele Gäste hätten wegen der Corona-Pandemie Angst und würden daher unabhängig von den Beherbergungsverboten auf Übernachtungen in Hotels verzichtet. Das Kundenverhalten betrifft nach Ansicht des Gerichts aber das vertragliche Risiko des Mieters und nicht des Vermieters. Dieses Risiko dürfe daher nicht im Rahmen einer Vertragsanpassung auf den Vermieter abgewälzt werden.
  3. Durch die Vertragsanpassung darf es zu keiner „Überkompensation“ kommen. Nach Ansicht des Gerichts muss der Mieter sich daher Zuschüsse anrechnen lassen.  Zudem muss der Mieter während der Schließung Verbesserungen oder sonstige Maßnahmen im Innenbereich, die sonst im laufenden Betrieb hätten durchgeführt werden müssen, vornehmen.

 

Für die Praxis

 

Die rechtliche Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie bleibt weiter schwierig. Es handelt sich oft um rechtliches Neuland, welches mit guten rechtlichen Argumenten begangen werden muss. Die Entscheidung des Landgerichts München hat teilweise bestehende Ansichten bestätigt, aber auch neue Frage aufgeworfen. Diese sollten bei der Beurteilung der eigenen Rechtslage berücksichtigt werden.

Bei der Entscheidung des Landgerichts handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Jeder Fall ist gesondert gelagert und muss eigens bewertet werden. Es ist daher nur eingeschränkt möglich, aus der Entscheidung allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen.

Mieter und Vermieter sollten bei der Beurteilung der eigenen Rechtslage stets die neu aufgeworfenen Fragen der Gerichte zur Kenntnis nehmen und für sich beantworten. Je mehr Entscheidungen und neue Fragen es gibt, desto besser kann eine Prognose für die Beurteilung des eigenen Falles getroffen werden.