Saldoklage im Mietrecht 2 – BGH bringt Amtsrichtern das Rechnen bei!

Am 21.03.2018 berichtete ich bereits über die tagesaktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Zulässigkeit von Saldoklagen im Mietrecht, welche durch meine Kanzlei in allen 3 Instanzen begleitet wurde. Nun liegt die Entscheidung im Wortlaut vor. Sie kann hier im Original abgerufen werden.

Mit seinem Urteil endet ein langer Streit in der Rechtsprechung. Die Entscheidung wird zudem als Grundsatzentscheidung ihren Weg in die vom BGH veröffentlichte Entscheidungssammlung BGHZ finden. Vermieter können nunmehr grundsätzlich Rückstände unter Vorlage eines Mietkontos einklagen, ohne eine Tilgungsreihenfolge von Gutschriften und Zahlungen bestimmen zu müssen. Die Gerichte haben gem. § 366 Abs. 2 BGB selbst die gesetzlichen Verrechnungsvorschriften anzuwenden und zu bestimmen, welche offenen Forderungen konkret Gegenstand der Klage sind.

Die Verrechnungsmethode

Der Bundesgerichtshof gibt hierbei sowohl den Gerichten als auch den Parteien ausdrücklich eine Verrechnungsreihenfolge vor. Gutschriften und Zahlungen sind, soweit vom Mieter selbst keine Tilgungsbestimmung getroffen wurde oder diese aufgrund der Umstände erkennbar ist, zunächst auf die Betriebskostenvorauszahlungen zu verrechnen, soweit in das Mietkonto Bruttomieten (Nettokaltmiete + Betriebskostenvorauszahlung) eingestellt wurden. Umfasst das Mietkonto Bruttomieten über mehrere Jahre, sind Zahlungen und Gutschriften zunächst auf alle Betriebskostenvorauszahlung, beginnend mit der ältesten Forderung, zu verrechnen. Das Gericht wendet somit die Bestimmungen des § 366 Abs. 2 BGB wörtlich an. Dies muss daher vor allem auch dann beachtet werden, wenn sich bereits verjährte Forderungen in dem Mietkonto befinden. Hierauf dürfte keine Verrechnung erfolgen.

Der Inhalt der Entscheidung

Steht nach der Anwendung der gesetzlichen Verrechnungsregeln fest, welche Forderungen noch offen und somit Gegenstand der Klage sind, sind diese einzelnen Ansprüche auf ihre Durchsetzbarkeit hin zu prüfen. Hat der Vermieter daher wie im vorliegenden Fall noch Betriebskostenvorauszahlungen in das Mietkonto eingestellt, obwohl er bereits über die entsprechenden Betriebskosten dieses Jahres bereits abgerechnet hat, wird er den Prozess in diesem Umfang verlieren. Denn nach Abrechnung der Betriebskosten kann der Vermieter lediglich noch den Rückstand geltend machen, nicht jedoch die damaligen Vorauszahlungen.

Unzulässige Saldoklage war nur Pyrrhussieg für Mieter

Erst auf dem zweiten Blick ist zu erkennen, dass der BGH mit seiner Entscheidung das Ziel von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden anstrebt. Denn wurde eine Klage bisher als unzulässige Saldoklage abgewiesen, stand es dem Vermieter frei (und steht es möglicherweise immer noch), seinen Anspruch erneut in einer weiteren Klage geltend zu machen. Auch eine Verjährung der Ansprüche während der ersten Klage käme nicht zum tragen, da die Erhebung einer unzulässigen Klage die Verjährung der Ansprüche hemmte.

Mit diesem Urteil könnten daher Vermieter in der Vergangenheit verlorene Prozesse nun erneut aufrollen! Ansprüche auf Mietzahlung und aus Nachforderungen von Betriebskostenabrechnungen verjähren nach 3 Jahren. Diese Frist würde sich um die Dauer eines „unzulässig geführten Prozesses“ verlängern. Somit könnten heute noch Ansprüche aus den Jahren 2013 und 2014 geltend gemacht werden.

Die Entscheidung BGH VIII ZR 68/17 ist auch auf der Seite des Bundesgerichtshofes veröffentlicht worden.