Nebenkostenprivileg

Betriebskosten kündigen?

Eigentlich müssen Mieter die Betriebskosten des Hauses anteilig zahlen. Ein Kündigungsrecht einzelner Betriebskosten gibt es nicht. Doch im Jahr 2024 ändert sich dies jedenfalls für die Betriebskostenposition „Gemeinschafts-Antennenanlage“ oder „Breitbandnetz“, also für den Kabelanschluss. Das sog. Nebenkostenprivileg soll wegfallen.

Um was geht es?

In der Gesetzesänderung geht es um die Umlage der Kosten für sog. „Gemeinschafts-Antennenanlagen“ oder „Breitbandnetze“. Es handelt sich hierbei also hauptsächlich um Kabelanschlüsse zum Empfang von Fernsehsignalen.

Nicht selten vereinbarten Vermieter mit entsprechenden Kabelanbietern die Installation eines Kabelanschlusses zum Empfang von Kabelfernsehen im gesamten Mietshaus. Jeder Wohnung wurde angeschlossen. Damit verfügte jede Mietwohnung automatisch über einen Kabelfernsehanschluss. Die vom Vermieter zu tragenden Kosten wurden im Rahmen der jährlichen Betriebskostenabrechnung auf die Mieter, entweder nach Fläche oder nach Wohnungseinheiten, umgelegt. Vermieter hatten hiermit nahezu keinerlei Kosten. Für Kabelanbieter bot sich die Möglichkeit, Kabelfernsehen Mietern „zwangsweise“ zur Verfügung stellen zu können und über den Vermieter abzurechnen.

Eine „Win-Win-Situationalleine für die Kabelanbieter?!

Mieter konnten zwar hierdurch Kabelfernsehen empfangen. Sie hatten aber auch keine Wahl und konnten den Empfang nicht einfach „abbestellen“.

Noch im Jahr 2020 hat das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 28. Mai 2020 – I-4 U 82/19) entschieden, dass Mieter den auf diese Weise vom Vermieter zur Verfügung gestellten Kabelanschluss nicht „kündigen“ könnten. Mieter mussten also auch dann zahlen, wenn sie den Anschluss überhaupt nicht nutzten. Auch das Amtsgericht Frankfurt (Urteil vom 19. Januar 2018 – 33 C 2941/17 (67)) hatte noch 2018 entschieden, dass Mieter den nachträglichen Einbau eines Kabelanschlusses dulden und die künftigen Kosten im Rahmen der Betriebskostenabrechnung zahlen müssen. Sogar der Bundesgerichtshof hatte bereits im Jahr 2007 (Urteil vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 202/06) entschieden, dass Mieter die Kosten des Kabelanschlusses auch dann zahlen müssen, wenn sie diesen überhaupt nicht nutzen.

Grenzen der Umlagepflicht?

Betriebskosten können nur umgelegt werden, wenn dies im Mietvertrag auch so vereinbart worden ist. Ohne entsprechende Vereinbarung im Mietvertrag können auch keine Betriebskosten und damit auch keine Kabelgebühren umgelegt werden.

Daher enthält nahezu jeder Standart-Mietvertrag eine entsprechende Regelung zur Umlage der Betriebskosten. In den meisten Fällen wird hierbei schlicht auf die „Betriebskostenverordnung“ verwiesen. Alleine durch diesen Verweis im Mietvertrag können bereits ein Großteil der Betriebskosten umgelegt werden. Im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung sind die Gerichte dabei sehr großzügig. Es reicht aus, wenn auch nur annähernd im Vertrag etwas über die „Betriebskosten“ enthalten ist. Dabei muss das Wort „Betriebskosten“ selbst gar nicht erwähnt werden.

Manchmal, meist in selbst formulierten Betriebskosten, werden jedoch einzelne Betriebskosten „vergessen“. Wenn dann zusätzlich keinerlei Verweisung auf die Betriebskostenordnung enthalten ist, kann der Vermieter auch nur die Betriebskosten umlegen, die im Vertrag Erwähnung finden.

Daher kann es sein, dass einzelne Betriebskosten, wie etwa Kosten für den gemeinsamen Kabelanschluss, bereits jetzt nicht umgelegt werden können. Hier muss aber der Mietvertrag sehr genau geprüft werden.

Was ändert sich?

Der Gesetzgeber hat nun eine wesentliche Änderung vorgenommen. Hierzu wurde zunächst die Betriebskostenverordnung geändert. Bisher konnten hiernach die Kosten für den Kabelanschluss stets umgelegt werden. Die Regelung befindet sich in § 2 Nr. 15 BetrKV.

Am 19.10.2023 wurde eine Gesetzesänderung verkündet und damit wirksam. Hiernach können die Kosten grundsätzlich nur noch bis zum 30. Juni 2024 umgelegt werden. Danach ist eine Umlage nicht mehr möglich, wenn der Mieter hier eine entsprechende Erklärung abgibt.

Zur den Kündigungsvoraussetzungen hat der Gesetzgeber entsprechende Regelung sodann in § 71 des Telekommunikationsgesetzes aufgenommen.

Kündigungsrecht, Kündigungsfrist und Kündigungsform?

Wenn das Mietverhältnis bereits 24 Monate oder länger besteht, können Mieter nun eine Beendigung der Versorgung mit Kabelfernsehen verlangen. Die „Kündigung“ kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat erfolgen.

Leider hat der Gesetzgeber augenscheinlich nicht genau geregelt, in welcher Form die Kündigung zu erfolgen hat. Ob die Textform ausreicht oder die Kündigung in Schriftform, also auf Papier mit Unterschrift, zu erfolgen hat, ist nicht klar geregelt. Es wird daher auf jeden Fall zu empfehlen sein, die entsprechenden Erklärungen auf Papier mit eigenhändiger Unterschrift abzugeben.

Fraglich ist auch, wann die Kündigung ausgesprochen werden kann? Kann dies bereits sofort zum 30.06.2024 oder erst am 01.07.2024 zum 30.09.2024 (unter Einhaltung der Monatsfrist) erfolgen. Auch diese ist nicht klar geregelt.

Auf jeden Fall müssen Mieter bis zum 30.06.2024 die Kosten tragen. Ein früherer Ausstieg ist nicht möglich. Dies spricht aber dafür, dass bereits jetzt Kündigungen zum Ablauf des 30.06.2024 ausgesprochen werden können, so dass ab dem 01.07.2024 dann keine Kosten mehr gezahlt werden müssen.

Große Probleme für Vermieter?

Für Vermieter droht nun möglicherweise ganz erhebliches finanzielles Ungemach.

Denn wenn viele Mieter eines Hauses nun den Bezug von Kabelfernsehen kündigen, können Vermieter die gesamten Kosten für den Kabelanschluss nur noch teilweise auf die verbleibenden Mieter umlegen. Da die Umlage der Kosten meist nach Fläche oder nach Wohneinheiten erfolgen dürfte, werden Vermieter die Kosten für die gekündigten Wohneinheiten selbst tragen müssen. Hier sollten sich Vermieter frühzeitig mit ihrem Kabelanbieter in Verbindung setzen, um solche Kostenlasten zu verhindern.

Beispiel: Wenn bisher Kabelkosten von 1.000 € von 100 Mietern getragen wurden, zahlte jeder Mieter 10 EUR. Der Vermieter musste nichts zahlen. Wenn nun 50 Mieter den Anschluss Kündigen, zahlen die verbleibenden Mieter weiterhin nur 10 €. Von den gesamten Kosten werden somit 500 € von Mietern gezahlt. Die restlichen 500 € muss der Vermieter an den Kabelanbieter zahlen. Hier ist aber eine genaue Prüfung der Verträge mit den Kabelanbietern erforderlich.

Neue Umlagemöglichkeit – Glasfaseranschluss!

Durch die Gesetzesänderung wurde nun aber eine neue Umlagemöglichkeit geregelt:

Wenn Vermieter das Mietshaus mit einem Glasfaseranschluss ausstatten, können sie die Kosten der Verteileranlage nunmehr auf alle Mieter umlegen. Voraussetzung ist jedoch, dass jeder Mieter, der nun hierdurch über einen Glasfaseranschluss verfügt, seinen Internetanbieter weiterhin selbst auswählen kann.

Zusammenfassung

  • Bis zum 30.06.2024 müssen Mieter weiterhin die Kosten des Kabelanschlusses zahlen.
  • Ab dem 01.07.2024 müssen Mieter keine Kosten mehr zahlen, wenn gegenüber dem Vermieter die „Kündigung“ erklärt wurde.
  • Die Kündigung kann nur erklärt werden, wenn das Mietverhältnis bereits 24 Monate oder länger besteht. Die Kündigungsfrist beträgt 1 Monat.