In einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann vieles von den Eigentümern geregelt werden. Ausgangspunkt der Regelungskompetenz für die Gemeinschaft ist das Gemeinschaftseigentum. Denn das Gemeinschaftseigentum gehört allen Eigentümern. Daher können die Eigentümer Nutzungsregelungen für das Gemeinschaftseigentum mehrheitlich treffen.
Zwar können die Eigentümer in der Regel mehrheitlich keine Regelungen für das Sondereigentum, also die Wohnungen der Eigentümer, direkt treffen. Sobald allerdings Vorgänge in den Wohnungen auch die Gemeinschaft betreffen, also in das Gemeinschaftseigentum ausstrahlen, steht der Gemeinschaft in der Regel wieder eine Regelungskompetenz zu. Die Grenze der gemeinschaftlichen Regelungskompetenz, die das Sondereigentum betreffen, ist aber dann erreicht, wenn „in den dinglichen Kernbereich des Wohnungseigentums eingegriffen wird“.
Die Gemeinschaft hat keine Regelungskompetenz über die Vorgänge innerhalb des Sondereigentums. Es können keine mehrheitlichen Entscheidungen getroffen werden, wie das Sondereigentum genutzt wird. Daher ist es beispielsweise nicht möglich, durch Mehrheitsentscheidung das Halten von Kleintieren (Vögel, Aquarium, Meerschweinchen etc.) zu verbieten. Denn hier ist eine Beeinträchtigung der Gemeinschaft überwiegend ausgeschlossen:
Es kann jedoch sein, dass sich Vorgänge im Sondereigentum direkt auf das gemeinschaftliche Eigentum auswirken. Hier kann die Gemeinschaft nun unter gewissen Umständen wieder Nutzungsregelungen mehrheitlich treffen. Beispielsweise können Regelungen für lautes Musizieren getroffen werden, Rauchen auf Balkonen oder das Halten größerer Tiere:
Wenn nur das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, kann die Gemeinschaft weitgehende Nutzungsregelungen mehrheitlich treffen:
In einem vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Urt. v. 09.03.2023, Az.: 2-13 S 89/21) verhandelten Fall hatte die GdW (=Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) mehrheitlich folgenden Beschluss gefasst:
„Das Halten von Hunden ist nicht gestattet, es sei denn, die Mehrheit der Wohnungseigentümer fasst einen entsprechenden Beschluss, durch den die Hundehaltung ausnahmsweise gestattet wird. Sind für das Halten von Hunden alte Rechte vorhanden, so gelten diese nur so lange, wie das sich in der Gemeinschaft befindliche Tier noch lebt. Neuanschaffungen von Hunden unterliegen dem vorstehend geregelten Genehmigungsvorbehalt.“
Es wurde hierdurch ein generelles Haltungsverbot mit der Möglichkeit der individuellen Erlaubnis beschlossen. Bereits vorhandene Hunde durften bis zu deren Lebensende weiter gehalten werden.
Der Beschluss wurde durch eine Eigentümer angefochten. Diese Eigentümerin hatte selbst einen kleinen und und gab an, diesen stets beim Verlassen ihrer Wohnung aus dem Haus „zu tragen“.
Die Beschlussanfechtungsklage hatte vor dem Landgericht Frankfurt am Main keinen Erfolg! Das mit der Sache zuvor befasste Amtsgericht Gießen hatte der Klägerin zuvor noch Recht gegeben.
Das Landgericht stellte zunächst fest, dass die Hundehaltung grundsätzlich das gemeinschaftliche Eigentum berührt. Denn Hunde können durch bellen und kläffen laut sein und damit andere Eigentümer beeinträchtigen. Zudem können Hunde Dreck verursachen, was ebenfalls die anderen Eigentümer beeinträchtigen kann. Es kann auch zu Begegnungen zwischen Hunden und anderen Eigentümern kommen. Auch hierdurch können andere Eigentümer durch die Hundehaltung betroffen sein.
Daher kann die Gemeinschaft Nutzungsregelungen über die Hundehaltung treffen!
Im vorliegenden Fall war der Beschluss laut Landgericht Frankfurt am Main deswegen rechtmäßig, weil er über das grundsätzliche Hundehaltungsverbot hinaus eine Möglichkeit einräumte, eine individuelle Hundehaltung per Beschluss zu erlauben. Im Einzelfall kann von der Gemeinschaft daher eine Hundehaltung verlangt werden. Die Gemeinschaft hat dann Fall für Fall die gegenseitigen Interessen abzuwägen. Zudem durften bereits vorhandene Hunde weiter bis zu ihrem Ableben gehalten werden.
Die klagende Eigentümerin kann daher zukünftig unter bestimmten Umständen eine Hundehaltung verlangen. Hierbei kann sie dann vorbringen, dass es sich nur um einen Kleinsthund halte, dieser nicht belle und von ihr aus dem Haus getragen werde.
Das Landgericht hat zudem entschieden, dass in dem Verbotsbeschluss selbst keine Kriterien genannt werden müssen, die für die später einzuholende Erlaubnis erfüllt sein müssen. Der Beschluss sei auch ohne eine solche Konkretisierung rechtmäßig.
Hierbei geht das Landgericht davon aus, dass die Eigentümer bei ihrer späteren Entscheidung sämtliche Interessen der Gemeinschaft und der Eigentümer für die begehrte Hundehaltung in der Beschlussfassung abwägen müssen. Ob eine Beeinträchtigung der Eigentümer durch den Hund bestehen wird, hängt dann von den konkreten Umständen ab:
Eigentümer können dann später entsprechende Beschlüsse über die Genehmigung der individuellen Hundehaltung gesondert anfechten. Hier ist dann unbedingt die Monatsfrist für die Beschlussanfechtung zu beachten.
Die Rechtslage kann auch durch das Urteil des Landgerichts Frankfurt nicht als abgeschlossen betrachtet werden! Der Bundesgerichtshof musste die Frage über ein Hundehalteverbot bisher noch nicht entscheiden. Das Landgericht hatte zudem nicht darüber zu entscheiden, ob auch ein generelles Hundeverbot beschlossen werden kann und rechtmäßig ist. Denn im vorliegenden Fall wurde ja ausdrücklich ein Erlaubnisvorbehalt eingeräumt.
Es steht alleine fest, das die Hundehaltung selbst nicht den Kernbereich des Wohnungseigentums betrifft. Der Bundesgerichtshof hat nämlich bereits entschieden, dass sich die Hundehaltung grundsätzlich auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auswirken kann (Dreck, Lärm, Begegnungen). Damit steht fest, dass Regelungen über die Hundehaltungen grundsätzlich möglich sind. Wie diese jedoch im Einzelfalls auszugestalten sind, ist offen. Allerdings erscheint die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main sehr nachvollziehbar. Allerdings ist sie auch argumentativ angreifbar. Denn Dreck entsteht auch durch die Nutzung der Bewohner (dreckige Schuhe etc.). Auch Lärm kann durch die Eigentümer entstehen (Streit, Kinder etc.). Begegnungen zwischen Mensch und Hunden gehören heute zum allgemeinen Lebensrisiko. Aus diesen Gründe könnte es daher doch erforderlich sein, Beschlüsse zu konkretisieren, beispielsweise das Verbot auf bestimmte Hunderassen zu beschränken, eine Verpflichtung zum Anleinen aufzunehmen oder das Verbot Hunde auf dem Gemeinschaftseigentum auszuführen.
Von einem Hundehaltungsverbot ist das generelle Tierhaltungsverbot abzugrenzen. Ein generelles und ausnahmslose Tierhaltungsverbot ist rechtswidrig . Ein entsprechender Beschluss wäre sogar derart rechtswidrig, dass er sogar nichtig wäre und überhaupt keine Wirksamkeit entfalten würde. Es müsste daher nicht mal die Klagefrist für eine Beschlussanfechtungsklage eingehalten wäre.
Die Frist für die Anfechtung von Beschlüssen beträgt 1 Monat! Die Frist beginnt mit der Beschlussfassung und nicht mit der Aushändigung der Niederschrift! Beschlüsse, die nur anfechtbar, also nicht nichtig sind, erwachsen in Bestandskraft, wenn die Anfechtungsfrist nicht eingehalten wird. Um die ohnehin schwierige Rechtslage nicht noch weiter zu erschweren, sollte daher immer rechtzeitig Rechtsrat eingeholt werden und eine Anfechtungsfrist innerhalb der Frist erhoben werden. Dies gilt auch bei anscheinend nichtigen Beschlüssen. Auch diese sollten bestenfalls innerhalb der Monatsfrist vorsorglich angefochten werden, um zu verhindern, dass sich der Streit auch auf die Frage ausdehnt, ob der Beschluss nichtig oder doch nur anfechtbar war.