Mietmangel bei Überhitzung von Gewerberäumen?

 

Mit steigenden Außentemperaturen erhöhen sich auch zunehmend die Raumtemperaturen. Besonders in Arbeitsräumen kann dies zu negativen Auswirkungen auf den Betriebsablauf führen. Dies ist besonders ärgerlich, wenn für die monatliche Miete nicht unerhebliche Zahlungen aufzuwenden sind und die Mieträume nur noch mit erheblichen Nachteilen nutzbar sind. Mit zunehmenden und länger andauernden Hitzeperioden wird sich diese Problematik zunehmend verschärfen. Die meisten Gebäude in Deutschland sind nicht auf längere Hitzeperioden ausgerichtet. Überwiegend sind Bürogebäude noch nicht klimatisiert bzw. besitzen eine klimatisch ungünstige Bausubstanz. Im Gewerberaummietrecht stellt sich damit zunehmend die Frage, ob bei Überhitzung ein Mietmangel vorliegt und welche Rechtsfolgen dies hat.

 

Die rechtliche Ausgangslage

 

Das Problem bei der Beurteilung ob ein Mangel besteht, ist meist in den fehlenden vertraglichen Vereinbarungen zu suchen. In den Mietverträgen befinden sich üblicherweise keine Regelungen, welche Raumtemperatur geschuldet ist. Bei der Vertragsgestaltung bleibt dieser Punkt meist unberücksichtigt oder führt durch einen Hinweis des Vermieters auf schlechte klimatische Ausgangsbedingungen zu einem Ausschluss eines Mangels. Aufgrund der absehbaren klimatischen Veränderungen sollten die Vertragsparteien die klimatischen Verhältnisses der Räume mehr beachten.

Da Vereinbarungen meist fehlen, kommt dem vereinbarten Mietzweck ein Hauptaugenmerk bei der Auslegung der vertraglichen Pflichten zu. In der Rechtsprechung entscheidet somit der Mietzweck darüber, ob ein Mangel bei hohen Raumtemperaturen vorliegt oder nicht.

 

Was sagen die Gerichte?

 

Gewerblich gemietete Räume müssen auch ohne ausdrückliche Abrede so beschaffen sein, dass die nach dem Vertragszweck vorgesehene Nutzung darin in zulässiger Weise ausgeübt werden kann (§ 535 Abs.1 S.2 BGB). Der Vermieter soll sich hierbei auch nicht darauf zurückziehen können, dass das Objekt bautechnisch den anerkannten Regeln der Technik entspricht (dies sieht das OLG Frankfurt am Main aber anders!). Auch wenn ein vermietetes Objekt entsprechend den anerkannten Regeln der Technik errichtet wurde, kann es dennoch mangelhaft sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bei der Vermietung von Räumen diese nicht so beschaffen sind, dass der nach dem Vertragszweck vorgesehene Beruf oder das vorgesehene Gewerbe in den Räumen in zulässiger Weise ausgeübt werden kann.

Daher  müssen die vermieteten Räume auch ohne dass es einer besonderen Vereinbarung der Parteien über eine bestimmte Ausstattung der Räume hinsichtlich des Vorhandenseins einer Klimaanlage oder äußeren Sonnenschutzes gibt, alle Voraussetzungen erfüllen, dass eine Nutzung nach dem Mietzweck möglich ist.

Werden nach dem Mietzweck Arbeitnehmer in den Räumen beschäftigt, müssen die Mieträume so beschaffen sein, dass rechtliche Arbeits- und Aufenthaltsbedingungen durch den Bauzustand der Mietsache eingehalten werden können. Ein Maßstab hierfür ist die bei Vertragsschluss geltende Arbeitsstättenverordnung. Hiernach soll die Raumtemperatur + 26 °C nicht überschreiten.

Bei Außentemperaturen bis zu 32°C darf die Innentemperatur regelmäßig 26°C nicht übersteigen; bei höheren Temperaturen hat die Innentemperatur regelmäßig mindestens 6°C unter der Außentemperatur zu liegen.

Es ist jedoch zu beachte, dass nicht jede Überschreitung der Richtwerte der Arbeitsstättenrichtlinie einen Mangel der Mietsache darstellt. Nur kurzzeitige Unannehmlichkeiten in Folge extremer Außentemperaturen etwa im Hochsommer hat der Mieter als unerhebliche Beeinträchtigung hinzunehmen.

Wenn die Raumtemperatur in Mieträume + 26°C überschreitet, muss im Einzelfall geprüft werden, ob ein Mangel vorliegt. Hierbei spielen folgende Umstände eine Rolle: Dauer der Überschreitung, Vertragszweck, Intensivität der Überschreitung, etc. Die Grenzwerte sollen nicht nur geltend, wenn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Auch wenn sich nur Kunden in den Mieträumen aufhalten, sollen die Grenzwerte relevant sein.

 

Beispiele aus der Rechtsprechung

 

1. In einem Fall des Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 28. Februar 2007 – 30 U 131/06) wurden Räume mit dem Zweck des Betriebes von Spielautomaten vermietete. Auf die Klage des Mieters verurteilte das Gericht den Vermieter dafür zu sorgen, dass bei einer Außentemperatur bis zu 32 Grad Celsius die Innentemperatur regelmäßig 26 Grad Celsius nicht übersteigt und bei höheren Außentemperaturen die Innentemperatur regelmäßig mindestens 6 Grad Celsius unter der Außentemperatur liegt. Grund der Klage waren entsprechenden Innentemperaturen in den Mieträumen.

 

2. Das Oberlandesgericht Rostock ( Urteil vom 29. Dezember 2000 – 3 U 83/98) hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem dem Mieter die Räume als als Arzt für Urologie vermietet wurden. In den Mieträumen herrschte bei Außentemperaturen unterhalb von 32 Grad C Innenraumtemperaturen von mehr als 26 Grad C. Das Gericht entschied, das für Betreiben einer Arztpraxis es dazu gehört, dass die Räume so beschaffen sind, dass in ihnen auch Arbeitnehmer beschäftigt werden können. Für diese müssten jedoch die Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung eingehalten werden. Daher war die Miete gemindert. Das Gericht verurteilte den Vermieter auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete.

 

3. In einem Fall des Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 28. Oktober 1991 – 2 U 185/90) wurden Räume als Büroräume vermietet. In den nach Süden gelegenen Räumen traten ganzjährig zeitweise sehr hohe Temperaturen von 26 Grad C und mehr auf. Nach Ansicht des Gerichts ist bei diesen klimatischen Verhältnissen die Tauglichkeit der angemieteten Räume zu dem vertragsgemäßen Gebrauch in ganz erheblichem Maße eingeschränkt. Das Gericht verurteilte den Vermieter auf Anbringung eines geeigneten außenliegenden Sonnenschutzes und bestätigte zudem die Mietminderung.

 

4. Das Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 17. Juni 2003 – 9 U 82/01) bestätigte eine Kündigung des Mieters, weil die Innentemperaturen eine vertragsgemäße Nutzung nicht zuließen. Vermietet wurden in dem Fall Räume zum Zwecks des Betriebes einer Drogerie. Die Innentemperatur überstieg in einem Standardsommer langandauernd 26 Grad. Auch bei Durchschnittsaußentemperaturen von 17 – 18° C würden im Verkaufsraum noch Temperaturen von 27 – 28° C erreicht. Bei diesen Temperaturen könnte in den Räumen keine Drogerie betrieben werden.

 

5. Das Oberlandesgericht Frankfurt (Urteil vom 19. Januar 2007 – 2 U 106/06) hatte ebenfalls einen Fall der Überhitzung zu entscheiden. Vermietet wurde zum Zweck der Nutzung für Büro- und Verwaltungszwecken. Bei Außenlufttemperaturen zwischen 15° und 29° Celsius wurden im Innenbereich als Spitzenwert im Großraumbüro 30,5° Celsius gemessen. Das Gericht sah darin keinen Mangel! Es entschied, dass die Arbeitsstättenverordnung nicht heranzuziehen sei. Sie gelte nicht zwischen Vermieter und Mieter. Da die Räume beim Bau den zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften entsprochen haben, seien diese nicht mangelhaft. Das Gericht entschied: Sommerliche Hitze durch Sonneneinstrahlung in einem nicht baurechtswidrigen Gebäude ist Teil des allgemeinen Lebensrisikos und kein Mangel, soweit der Vermieter nicht erkennbar eine Klimatisierung oder besondere Dämmung des Gebäudes zugesagt hat.

 

Dieser Argumentation ist jedoch widersprüchlich! Denn das Gericht vergisst, das auch baurechtliche Normen nicht zwischen Mieter und Vermieter wirken, sondern zwischen Bauherrn und öffentlicher Verwaltung. Das Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt ist daher ein Fehlurteil und steht im Widerspruch zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte. Das Gericht kann nicht einerseits argumentieren, dass die Arbeitsstättenverordnung  nicht anwendbar ist, andererseits Bauordnungsrecht wiederum anwendbar sein soll. Diese Argumentation ist inkonsequent.

 

Für die Praxis!

 

Würden die Mietverträge zwischen den Parteien auch Angaben zu den Raumtemperaturen und zur Klimatisierung des Gebäudes machen, könnten Streitigkeiten von Beginn an vermieden werden. Bei fehlenden Angaben entscheidet der vertraglich vereinbarte Nutzungszweck darüber, ob ein Mangel vorliegt oder nicht. Dienen die Räumen als Büroräume und sind dort auch noch Arbeitnehmer beschäftigt, liegt ein Mangel vor, wenn die Temperaturen die Grenzen der Arbeitsstättenverordnung  überschreiten. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main vertritt jedoch eine abweichende Meinung. Der Gang zum Bundesgerichtshof ist somit vorgezeichnet. Mit zunehmenden Hitzesommern dürfte das Thema zunehmend an Brisanz gewinnen. Denn in Deutschland sind alte Bürogebäude nicht auf Hitzesommer ausgerichtet.