Wesentliche und unwesentliche Vertragsänderungen – Schriftformerfordernis

Werden Geschäftsräume vermietet müssen sich die Parteien über die Dauer der Vermietung Gedanken machen und die vertraglich regeln. Denn bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume ist die ordentliche Kündigung nach dem Gesetz spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig. Treffen die Parteien keine Vereinbarung und wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er zwar für unbestimmte Zeit. Es gelten jedoch die allgemeinen Kündigungsfristen und das Mietverhältnis kann hiernach schon nach mindestens 6 Monaten oder maximal 9 Monaten beendet werde. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Geschäftsräume zulässig.

Bei Mietverträgen über Gewerberäumen will der Mieter Sicherheit über die Dauer der Anmietung, der Vermieter will regelmäßig nach gewissen zeitlichen Abständen die Möglichkeit haben, die Räume anderweitig vermieten oder aber den Inhalt der Mietvertrages neu mit dem Mieter aushandeln zu können. Meist erhält der Mieter zu Beginn eine einseitige Verlängerungsoption. Diese bedeutet, dass es allein vom Mieter abhängt, den Vertrag um einige weitere Jahre zu verlängern. Hiernach folgt regelmäßig eine weitere einseitige Verlängerungsoption. Die Möglichkeiten der Vertragsgestaltung sind hierbei jedoch vielfältig und müssen auf die jeweiligen Grundbedürfnisse angepasst werden.

In die Schriftformfalle gerät man immer dann, wenn man den Mietvertrag niemals schriftlich abgeschlossen hat oder aber den Mietvertrag später ändert, ohne die Schriftform einzuhalten.

So auch im Fall einer Entscheidung des OLG Braunschweig (Urt. v. 17.09.2015, Az.: 9 U 196/14).

Laut schriftlichem (!) Mietvertrag sollte eine Torluftschleier in das Mietobjekt eingebaut werden. Hierdurch sollten die Mieträume bei offenen Türen mittels eines Luftschleiers vor eindringender Kälte geschützt werden. Die Parteien trafen im Mietvertrag Regelungen u. a. über die Leistung der Anlage und die Ausmaße der Anlage. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Einbau der gewünschten Anlage einen Umbau des Deckenfeldes erforderlich machte. Der Einbau einer leistungsschwächeren Anlage wäre ohne entsprechenden Umbau möglich.

Sowohl der Vermieter als auch der Mieter wollten den Umbau des Deckenfeldes verhindern und beide entschieden sich entgegen der schriftlichen Vereinbarung eine leistungsschwächere Torluftschleieranlage einzubauen.

Darin sah das Gericht jedoch eine wesentliche und damit gem. § 550 BGB formbedürftige Vertragsänderung. Da die Parteien diese Abrede lediglich mündlich trafen und nicht in einem schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag tappten die Parteien in die Schriftformfalle. Da sich die Parteien offensichtlich nicht mehr verstanden, kündigte der Mieter nunmehr das Mietverhältnis ordentlich gem. §§ 550, 580a BGB zum 30.04.2013 und hilfsweise zum nächst möglichen Termin. Das Mietverhältnis hatte nach § 3 Abs. 1 des Vertrages eine Festlaufzeit von 10 Jahren und sollte erst am 30.08.2018 enden.

Im Ergebnis verwehrte das OLG dem Mieter sich auf den Schriftformmangel zu berufen, denn im Mietvertrag sei eine Schriftformheilungsklausel vereinbart worden. Diese Frage ist vom Bundesgerichtshofe noch nicht geklärt. Der Fall zeigt aber die nicht zu unterschätzende Gefahr mündlicher Abreden bei einem Mietvertrag über Gewerberäume. Diese sind ohne Einhaltung der Schriftform möglich, wenn nur unerhebliche Vertragsänderungen vereinbart werden. Das Spektrum unerheblicher Vertragsänderungen ist jedoch stark begrenzt, so dass häufig eine wesentliche Vertragsänderung vorliegen dürfte, die eine Schriftformmangel bei mündlicher Abrede zur Folge haben dürfte.